Rheinische Post: Kommentar: Unrealistische Vision

Helmut Schmidt hat mal gesagt: „Wer Visionen
hat, sollte zum Arzt gehen.“ Willy Brandt hatte Visionen – etwa die
vom „blauen Himmel über der Ruhr“. Die Entwicklung hat ihm
tatsächlich Recht gegeben. An ihn knüpft ganz bewusst die
nordrhein-westfälische SPD mit ihrem Vorstoß für eine völlig neue
Stadt im rheinischen Braunkohlerevier an. Die Genossen schwärmen
bereits von der „globalen Ausstrahlungskraft“ der auf dem Reißbrett
gestalteten Region. Geht–s nicht eine Nummer kleiner? Schließlich
wurden und werden immer noch viele Menschen umgesiedelt, die dem
Tagebau weichen müssen. In ihren neuen Wohnorten ist noch längst
nicht alles zum Besten bestellt. Es fehlt zumeist das, was
Städteplaner als essenziell für eine Stadt bezeichnen: Urbanität.
Damit ist gewissermaßen ein Grundrauschen aus positivem Lebensgefühl
und Heimatverbundenheit gemeint. Das muss wachsen und lässt sich
nicht erzwingen. Retortenstädte wie in China oder Kasachstan können
wir uns nicht ernsthaft wünschen. Der Vorstoß der SPD ist eine
unrealistische Vision.

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