Rheinische Post: Kommentar / Würdelose Krankheiten = Von Wolfram Goertz

Palliativmedizin, so sagt der Name, beschirmt;
einem Sterbenden wirft sie einen Mantel über – den Mantel der
Zuwendung, damit der Kranke sein Sterben bewusster, erträglicher,
würdiger erlebt. Vom Team erfordert Palliativmedizin eine 24-stündige
Humanität. Und wenn morgens ein Patient stirbt, ist sein Bett schon
bald von einem neuen Patienten belegt. In ihrem Verständnis von
Sterbebegleitung lassen Palliativmediziner das Sterben gewähren, doch
sie befördern es nicht; aktive Sterbehilfe lehnen fast alle ab. Beim
assistierten Suizid ist dies offenbar anders, wie eine Befragung
zeigt. Die Antworten lehren, dass es auch bei optimaler Fürsorge
nicht immer gelingt, ein unerträgliches Leiden für den Kranken
annehmbar zu gestalten. Es gibt (wenige) Grenzfälle, in deren Verlauf
würdelose Krankheiten die Würde des Sterbens unmöglich machen.
Sollten Ärzte in solchen Extremlagen nach reiflicher Prüfung helfen
können, wenn sich der Patient selbst erlösen möchte? Diese Fragen
wird der Bundestag 2015 erörtern müssen. Jeder sollte schon jetzt für
sich damit beginnen.

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