Rheinische Post: Kommentar / Wutminister Steinmeier = Von Gregor Mayntz

Frank-Walter Steinmeier bevorzugte es bereits,
seine Worte sorgsam zu wägen, als er noch nicht Außenminister war.
Als Spitzendiplomat hat er diese Vorliebe verstärkt. Insofern war es
sehr glaubwürdig, dass er zwischen seinen emotionalen Wutausbrüchen
auf dem Alexanderplatz den Eindruck machte, als glaube er selbst
nicht, was gerade mit ihm geschah. Die berühmten „Freunde klarer
Aussprache“ bevölkern gewöhnlich bayerische Bierzelte. Auch sie sind
laut und deutlich und werden dafür von ihren Anhängern gefeiert. Ziel
sind dabei jedoch in der Regel abwesende politische Gegner. Anwesende
Störer dagegen, wie bei Steinmeier in Berlin, machen es Wahlkämpfern
nicht zum ersten Mal schwer. Dass sie den sonst eher ruhigen
Politiker dazu brachten, lautstark aus der Haut zu fahren, macht den
Vorgang sympathisch. Hinter dem Minister steckt ein Mensch – und der
brachte brüllend innerste Überzeugungen eines friedliebenden, aber
abwehrbereiten Sozialdemokraten auf den Punkt. Um es in adäquaten
Worten zu sagen: Das war cool, Mr. Wutminister!

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