Rheinische Post: Kommentar / Zügel für den Brexit = Von Matthias Beermann

Großbritannien hat zwar keine geschriebene
Verfassung, aber eine Gewissheit ist dort historisch gewachsen: Die
Macht geht auf der Insel nicht von der Krone (also der Regierung) aus
und nicht einmal vom Volk. Nein, das gewählte Parlament ist der
Souverän. Nichts anderes besagt der Richterspruch von gestern. Eine
so wichtige Frage wie den Austritt des Landes aus der EU darf die
Regierung nicht im Alleingang entscheiden – Referendum hin oder her.
Sollte der Supreme Court dieses Urteil bestätigen, muss
Premierministerin Theresa May erst die Erlaubnis der Abgeordneten
einholen, bevor sie in Brüssel offiziell die Scheidung einreicht. Das
bedeutet nicht, dass der Brexit damit abgeblasen wäre. Zwar sind
viele Abgeordnete eigentlich gegen den EU-Austritt, wollen aber das
Votum der Briten respektieren. Sie werden jedoch versuchen, May Zügel
anzulegen. Die Premierministerin tendierte bisher zu einem radikalen
Brexit; nun könnte das Unterhaus sie zwingen, doch engere Beziehungen
zur EU zu pflegen, als sie es eigentlich will. Das ist nicht nur
legitim, sondern auch vernünftig.

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