Rheinische Post: Kommentar zum Anleihenkauf der EZB: Draghi und Merkel

Die Reaktion der Börse war deutlich: Kaum hatte
der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) den Kauf von
Anleihen aus Krisenstaaten bekräftigt, fielen die Zinsen für
italienische Papiere. Die Börsianer setzen fest darauf, dass Mario
Draghi übermorgen das Ankaufprogramm startet und so Krisenstaaten die
Kreditaufnahme erleichtert. Staatsfinanzierung ist der EZB zwar
verboten, wie Draghi weiß. Daher will er jetzt nur kurz laufende
Anleihen kaufen – frei nach dem Motto: ein Überbrückungskredit muss
doch möglich sein. Eine fragwürdige Auslegung der Gesetze. Doch
Draghi hat noch ein Ass im Ärmel: Weil die Politik es nicht geschafft
habe, den Euro zu retten, bleibe ja wohl nur die EZB. Das dürfte die
Kanzlerin ähnlich sehen. Offiziell stärkt sie Bundesbank-Präsident
Jens Weidmann den Rücken, der tapfer gegen das Anwerfen der
Notenpresse kämpft. Im Stillen aber wird Merkel dem EZB-Chef dankbar
sein. Im Jahr drei der Euro-Krise hat sie nicht mehr viele Optionen:
Ein Griechenland-Austritt kann die Währungsunion sprengen, neue
Rettungspakte sind in Deutschland nicht durchzusetzen. Langes, hartes
Sparen in Südeuropa wäre nötig. Doch für diese Strategie fehlen
Merkel die Verbündeten. So bleibt nur der teuflische Pakt.

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