Ein Kommentar von Reinhold Michels:
Die Gedanken sind frei. Doch hart stoßen sich bekanntlich die
Dinge im Raum. Das lernt gleichsam im Schnellverfahren
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Da der
erste grüne Länderchef ein politisch gereifter Mensch von
konservativer Wesensart ist, wird er schneller als andere in seiner
Partei begreifen, dass ein Infrastruktur-Projekt wie „Stuttgart 21“
nicht schon deshalb falsch ist, weil es groß, teuer sowie
vorübergehend mit Lärm, Dreck und vielerlei Unbequemlichkeiten im
wohlstandsverwöhnten Stuttgarter Talkessel verbunden ist. „Wat mutt,
dat mutt“ sagt man an der Küste. In diesem nüchternen Sinn sollte
auch der Schwabe Kretschmann seinem Amtseid zum Wohle des
Südwest-Staates gerecht werden. Noch blühen dort die Landschaften wie
sonst nirgendwo in Deutschland. Hörte Kretschmann auf greinende
ökonomische Eckensteher, träumende Baumbesetzer, politisierende
Schauspieler oder listige Grünen-Aktivisten, die bei „Stuttgart 21“
weder Vertragsbruch noch Schadensersatz scheuen, dann wäre er als
Ministerpräsident bereits in der Probezeit gescheitert. Schlimmer
noch wären Baden-Württembergs Reputations-Einbußen als Hort der
Verlässlichkeit.
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