Rheinische Post: Maastricht 2.0

Ein Kommentar von Michael Bröcker:

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich nach Monaten des
Stolperns durch die europäische Schulden-Krise offenbar für einen
weitreichenden politischen Integrationsprozess entschieden. Sie will
ein echtes Mehr an Europa. Mit allem, was dazu gehört. Sogar dem
Verlust an nationaler Souveränität. Die Kanzlerin lässt die neu
eingerichtete CDU-Kommission zu Europa ein Modell erarbeiten, in dem
mittelfristig ein europäisches Gericht die Mitglieder der Euro-Zone
zu harten Konsolidierungsschritten zwingen könnte, sollten diese den
Stabilitäts- und Wachstumspakt unterlaufen. Damit kratzt die
Kanzlerin am Heiligtum der Parlamente, dem Budgetrecht. Zwar hat sich
Deutschland mit der Schuldenbremse selbst gebändigt. Doch Merkels
Modell zu Ende gedacht hieße, dass EU-Juristen den Nationalstaaten
vorgeben, welche Ausgaben dienlich sind und welche zu Strafen führen
könnten. Es wäre ein Meilenstein in einer Reihe von europapolitischen
Vertragswerken, die vieles harmonisiert haben. Nur eben nicht die
Hoheit über die Etats. Eine politische Union muss diesen Schritt aber
wohl gehen. Es wäre ein Maastricht 2.0. Bis es soweit ist, muss
Merkel viel Überzeugungsarbeit leisten. Im Amt wird sie diese Union
wohl nicht mehr erleben.

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