Rheinische Post: Meine Organe = Von Gregor Mayntz

Das Grundrecht auf „Leben und körperliche
Unversehrtheit“ ist keine bloße Verfassungsfloskel. Es ist Dreh- und
Angelpunkt für Staat und Bürger. Der Staat darf deswegen keine
entführten Flugzeuge abschießen, um viele andere Menschen zu retten.
Und er darf deshalb keine Organspenden vorschreiben: Das Grundrecht
auf körperliche Unversehrtheit gilt über die Lebensspanne eines
funktionierenden Hirnes hinaus. Deshalb ist es richtig, dass jedem
Einzelnen die freie Entscheidung bleibt, ob er mit seinen Organen das
Leben Anderer retten will. Die neuen Vorschriften bleiben dennoch zu
defensiv. Denn sie setzen allein auf die Hoffnung: Wenn alle eine
kleine Broschüre bekommen, werden sich schon genügend Organspender
finden. Eine Pflicht zur Antwort wäre besser gewesen. Für den
Wohnungszensus schien das nötig zu sein. Da ging es um Statistik.
Hier aber geht es um Leben und Tod. Es wäre nicht zu viel verlangt,
mit „Ja“, „Nein“ oder „Jetzt nicht“ antworten zu müssen. So lange
niemand antworten muss, wächst die Neigung, die unbequemen Fragen
einfach mit den Papieren in den Müll zu entsorgen. Dabei muss jeder
ein Interesse an Klarheit haben. Denn morgen kann schon sein eigenes
Leben von einem Organspender abhängen.

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