Ein Kommentar von Anja Ingenrieth:
Ratko Mladic, der mutmaßliche Drahtzieher des Massakers von
Srebrenica, hat vor dem UN-Tribunal in Den Haag für den erwarteten
Eklat gesorgt. Das Tribunal setzte ihn aufgrund seiner
Provokationsversuche prompt vor die Tür. Kein zweites Mal will sich
das Gericht als Bühne für Propaganda missbrauchen lassen, wie schon
durch Slobodan Milosevic. Serbiens Ex-Präsident starb nach vier
Jahren Prozessdauer in seiner Zelle – ohne Schuldspruch. Nun setzen
auch Ratko Mladic und sein Mentor Radovan Karadzic in Den Haag auf
Störmanöver und Verzögerungstaktik. Sie dürfen nicht gelingen. Denn
die Prozesse gegen die beiden „Schlächter“ vom Balkan sind die letzte
Chance, die schlimmsten Kriegsverbrechen nach 1945 aufzuarbeiten und
die Hauptverantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Zeit wird
knapp, im Februar 2014 wird das UN-Tribunal aufgelöst. Bis dahin muss
seine Arbeit beendet sein. Die Botschaft muss dann lauten: Mörder
kommen nicht ungeschoren davon – auch wenn die Gerechtigkeit für die
Hinterbliebenen der Opfer zuweilen lange auf sich warten lässt. Alles
andere wäre ein Schlag für die Glaubwürdigkeit der internationalen
Gerichtsbarkeit, die schließlich zur Versöhnung der Völker des
Westbalkans beitragen soll.
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