Ein Kommentar von Helmut Michelis:
Mit dem Sieg über Muammar al Gaddafi ist Libyen noch nicht
befriedet. Im Gegenteil: Dem Land drohen neue Kämpfe, Anarchie und
sogar die Spaltung. Der Übergangsrat steht vor einem Berg fast
unlösbarer Aufgaben: Die Rebellen – verbunden nur durch den Hass auf
Gaddafi – müssen von einem Rachefeldzug abgehalten, die mächtigen
Stämme im Land geeint, die religiösen Scharfmacher hinter den
Kulissen gebremst und demokratische Strukturen aufgebaut werden.
Letzteres wird nach vier Jahrzehnten Diktatur besonders schwierig und
bedarf zwingend der Hilfe von außen. Das jedoch kann leicht als
Einmischung verdammt werden. Gut durchdacht sein muss deshalb die
Strategie, mit der die internationale Staatengemeinschaft dem
nordafrikanischen Land helfen will. Es gibt zu viele warnende
Beispiele – vom bis heute nicht befriedeten Irak nach dem Ende des
Diktators Saddam bis hin zum Volksaufstand in Ägypten. Dort versuchen
offenbar alte Seilschaften die Macht wieder an sich zu reißen, das
Land droht dem Westen zu entgleiten. Das wichtigste Signal zu Libyen
ist aber bereits erfolgt: Der Übergangsrat wird allgemein als
Regierung anerkannt, Gaddafis übles Regime ist damit Geschichte. Fest
steht indes: Diese Befreiung ist für die Libyer nur der erste Schritt
auf dem langen, gefährlichen Weg in eine hoffentlich bessere Zukunft.
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