Rheinische Post: Obama in der Syrien-Falle Kommentar Von Martin Kessler

Es gibt gute Gründe, im Fall Syriens von einem
Militärschlag Abstand zu nehmen. Denn ein wirksamer Angriff der
Amerikaner auf das Assad-Regime könnte im Nahen Osten einen
Flächenbrand auslösen. Diesen vorsichtigen Weg ist Barack Obama nicht
gegangen. Er hat klar definiert, dass bei einem Giftgas-Einsatz der
syrischen Regierung die berüchtigte rote Linie überschritten sei.
Angeblich hat der US-Geheimdienst nun die notwendigen Beweise
vorgelegt. Jetzt ist Obama am Zug, ob er will oder nicht. Dass er in
dieser kritischen Situation erst den Kongress fragen will, macht den
US-Präsidenten vollständig von den Abgeordneten abhängig. Die
amerikanische Verfassung sieht das nicht unbedingt vor. Ist Gefahr im
Verzug, darf der mächtigste Mann der Welt selbstständig handeln. Und
als er die rote Linie definierte, war von einer Zustimmung des
Kongresses keine Rede. Mit der scheinbar demokratischen Geste zeigt
Obama nur eins – seine Unsicherheit. Auf jeden Fall verliert er
wertvolle Zeit. Zudem fällt die Unterstützung der Verbündeten mehr
als lau aus. Meldet jetzt noch der Kongress Bedenken an oder kippt
gar das Vorhaben, ist Obamas Glaubwürdigkeit dahin. Er wäre nicht
mehr handlungsfähig.

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