Eigentlich müsste US-Präsident Barack Obama 
Deutschland lieben, denn Deutschland liebt ihn: 87 Prozent der 
Deutschen würden ihn wählen, 79 Prozent finden seine Amtsführung gut 
– trotz Guantanamo. Das sind Werte, von denen Obama daheim nur 
träumen kann. Dennoch kommt der amerikanische Präsident heute in ein 
ihm fremd gebliebenes Land. Nur einmal, 2009, nach seiner Rede an die
muslimische Welt in Kairo, war Obama als Präsident in Deutschland. Er
mied die Hauptstadt, besuchte nur das ehemalige Konzentrationslager 
Buchenwald und blieb kurz in Dresden. Diese Stippvisite war vor allem
als seine jüdischen Stammwähler beruhigende Symbolhandlung nach dem 
Auftritt in Kairo geplant. Obamas Verhältnis zu Bundeskanzlerin 
Merkel wird häufig als eisig beschrieben. Das ist eine Überzeichnung 
der tatsächlichen Verhältnisse. Entgegen seinem charismatischen 
Äußeren ist Obama genau wie Merkel ein misstrauischer Mensch. Wo die 
Kanzlerin nüchterne Naturwissenschaftlerin ist, bleibt Obama der 
buchstabenverliebte Verfassungsrechtler aus Harvard. Sein Hang zur 
Selbstglorifizierung und das ihm zugeschriebene Messianische 
erscheinen Merkel seit jeher suspekt. Legendär, wie sie den 
wahlkämpfenden jungen Senator 2008 nicht vor dem Brandenburger Tor 
reden und ihn dann mit seiner Wagenkolonne 30 Minuten ums Kanzleramt 
kreisen ließ, als er sich vor der verabredeten Zeit selbst einladen 
wollte. Gleichwohl hat Obama auf die Frage, mit welchem Staatenlenker
er am engsten zusammenarbeite, „Merkel“ geantwortet. Beide haben nach
Einschätzungen aus Merkels Umfeld längst eine belastbare 
Arbeitsbeziehung gefunden. Obama ist ein pazifischer, kein 
europäischer US-Präsident. In Honolulu geboren, in Indonesien 
aufgewachsen, ist ihm Asien näher als Paris und Berlin. Und Obama ist
– wie jeder Präsident vor ihm – nicht nur Oberbefehlshaber der 
Weltpolizei, sondern vor allem anderen erster Handelsvertreter der 
US-Wirtschaft. Die lukrativsten Märkte aber liegen in China, Indien 
und deren Nachbarstaaten, nicht im krisengeschüttelten Europa. So 
fühlt, denkt, handelt er. Das muss uns Deutsche nicht kleinmütig 
werden lassen. In vielen weltpolitischen Fragen, etwa in Syrien, 
benötigt Obama wenn nicht deutsche, dann doch europäische 
Unterstützung. Besonders in der Außenpolitik hat sich der (zu) früh 
gekürte Friedensnobelpreisträger als Soufflé erwiesen, aus dem rasch 
die Luft entwich. Deshalb braucht er Europa und zumindest indirekt 
damit auch immer uns Deutsche, die gar nicht so heimliche 
Zentralmacht des Kontinents. Das also ist heute der Hebel, um 
Einfluss auf die USA auszuüben.
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