Rheinische Post: Palins Inszenierung

Ein Kommentar von Frank Herrmann:

Eines muss man Sarah Palin lassen: Sie versteht es perfekt, sich
in Szene zu setzen. Mit einer frühsommerlichen Publicitytour steht
sie auf einmal wieder im Mittelpunkt, nachdem man sie bereits
abschreiben wollte. Sarah Palin auf der Harley-Davidson als
Rockerbraut, als Darling ergrauter Vietnamkriegsveteranen – solche
Bilder kommen an in der amerikanischen Provinz. Ob sie bedeuten, dass
die Vorzeigefigur der Rechten beim Rennen ums Weiße Haus an den Start
geht, bleibt offen. Auch einer dieser raffinierten Palinschen
Schachzüge: Je heftiger spekuliert wird, umso greller das
Scheinwerferlicht, in dem sie sich sonnt. Merkwürdig die Ratlosigkeit
der Republikaner, die sich unerwartet schwer tun mit der Auslese
ihrer Kandidaten gegen Barack Obama. Bei der Kongresswahl im November
hatten sie die Mehrheit gewonnen, hatten sie Kapital geschlagen aus
der Angst vor Rekorddefiziten und dem schleichenden Bedeutungsverlust
der Supermacht. Plötzlich ist die Selbstsicherheit wie weggeblasen.
Reihenweise erklären potentielle Mitfavoriten ihren Verzicht auf eine
Bewerbung. Fast hat es den Anschein, als sei Obama fürs aktuelle
Personal der Konservativen eine Nummer zu groß. Einstweilen füllt
Palin ein Vakuum.

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