Rheinische Post: Protest-Piraten ernst nehmen Kommentar Von Sven Gösmann

Nach Berlin ziehen die Piraten nun im Saarland
in den Landtag. Die Faszination dieses lockeren Verbundes von
Individualisten auch auf Wähler im provinziellen Saarland ist
erklärbar. Teile der jüngeren Generation haben ihre Aktivitäten und
Kontakte in die digitale Welt verlegt: Facebook, Twitter,
Online-Spiele, das Gratis-Herunterladen von Medienangeboten aller Art
prägen ihren Alltag. Auf diesen veränderten Lebensansatz hat die
klassische Parteipolitik keine Antwort; auf Piraten-Wähler wirkt sie
mit ihren mit Verboten, den Hinweisen auf das Urheberrecht lebensfern
und ältlich. Eine Diskussion zwischen der digitalen Generation und
Union/SPD/FDP/Grünen/Linken findet kaum statt. Dazu kommt die
Attraktivität der Piraten für Protestwähler. Ihr – freundlich
formuliert – unorthodoxer Stil hebt sich für viele Bürger wohltuend
vom klassischen Parteigebaren ab. Dass die Piraten zunehmend auch von
älteren Gesichtern repräsentiert werden, tut dem keinen Abbruch. Die
Professionalisierung der Partei erfordert Menschen, die sich auch in
der realen Welt durchsetzen können. Das wird zu Spannungen in der
heterogenen Partei führen. Sich darauf zu verlassen, genügt jedoch
für die Altparteien eben so wenig wie die bisherige Arroganz („Die
haben doch kein Programm“). Die Piraten könnten einen ähnlichen Weg
wie die Grünen gehen.

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