Rheinische Post: Prozess als Bühne

Keine Frage, dies wird der Prozess des Jahres.
Dominique Strauss-Kahn, dessen Kürzel „DSK“ durch diese unrühmliche
Affäre inzwischen weltbekannt ist, weist den Vorwurf der versuchten
Vergewaltigung weit von sich. Der ehemalige IWF-Chef hat vor dem
Richter auf „nicht schuldig“ plädiert. Damit steht dem typisch
amerikanischen Justiz-Spektakel nichts mehr im Weg, bei dem im
Gerichtssaal mit allen Tricks gekämpft wird. Das ist zwar
unterhaltsam, für den europäischen Geschmack aber auch etwas
befremdlich. Trotzdem sollten wir uns darüber nicht mokieren.
Schließlich hat sich die deutsche Justiz beim Kachelmann-Prozess auch
nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Das Szenario deutet sich bereits
an: DSK will offenbar argumentieren, dass er das Zimmermädchen zu
nichts gezwungen habe. Die Hotelangestellte hält dagegen, der
Franzose habe ihr Gewalt angetan. Beide Seiten stilisieren ihren Fall
schon jetzt zu einem Kampf für die gerechte Sache. Das Umfeld von DSK
streut weiter die These vom politischen Komplott. Und das Schicksal
des mutmaßlichen Opfers wird von Feministinnen zum Fanal erklärt. Da
wird ein Strafprozess zur Bühne für viele Nebendarsteller. Der
Wahrheitsfindung dient das nicht unbedingt.

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