Mit einer Charme-Offensive versucht Mario
Draghi, die Deutschen für den umstrittenen Ankauf von Staatsanleihen
zu gewinnen: Den Bürgern bietet der EZB-Präsident warme Worte, der
Regierung Zugeständnisse. Das ist beachtlich, schließlich braucht
Draghi die Deutschen nicht, um seine Pläne durchzusetzen. An der
Fragwürdigkeit ändert das nichts: Mag auch jede Notenbank nur die
Anleihen ihres eigenen Staates kaufen – am Ende sitzen alle in einem
Euro-Boot. Fragwürdig bleibt auch die Diagnose. Europa steckt nicht
in der Deflation, also muss man sie auch nicht bekämpfen. Doch Draghi
kann nicht mehr zurück. Zu groß sind die Hoffnungen, die er an den
Börsen geweckt hat. Zugleich denkt er an die Zeit nach den Wahlen in
Griechenland: Dann kommt der Schuldenschnitt der öffentlichen
Gläubiger auf den Tisch, den Draghi für richtig hält, an dem er die
EZB aber nicht beteiligen will. Mit Verweis auf den Anleihe-Kauf der
EZB kann er die Länder in die Pflicht nehmen, nun allein die
Schuldenlast der Griechen zu lockern. Raffinierte Strategie,
Nebenwirkungen gefährlich.
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