Rheinische Post: Sattelfester Martin Kommentar Von Lothar Schröder

Da gibt es nichts zu deuteln: Der Heilige
Martin war ein Mann. Wenn also bei den Martinszügen dieser Tage
zunehmend Frauen in die Rolle des Wohltäters schlüpfen, ist das eine
Fälschung der historischen Überlieferung. Aber eine, die allein der
Not geschuldet und kein Zeichen einer skurrilen Neuschreibung ist.
Denn es fehlt an männlichen Reitern, die beim stimmungsvollen
Schauspiel der Mantelteilung sattelfest mitwirken können. Theologisch
heikel ist das aber nicht. Denn alle spielen doch im Umzug für ein
paar Stunden nur eine legendenhafte Rolle. So muss ja auch kein
Sankt-Martin-auf-Zeit den Beweis eines supertugendhaften Lebens
erbringen. Martin aber ist wichtig, als Mann des Aufbruchs und der
Tat, als einer, der zaudert und erst bekehrt werden muss. Auch die
Umzüge sind mit ihrer Folklore wichtig, weil oft nur auf diesem Wege
Ideale eines christlichen Lebens volksnah vermittelt werden können.
Und dass Martin als Bischof von Tours ein Geweihter wurde, macht kaum
etwas: Zur Zeit der Mantelteilung diente er noch als römischer
Soldat.

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