Rheinische Post: Schein-Erfolg in Brüssel

Die Mehrheit der Deutschen bescheinigt Angela
Merkel gute Arbeit auf der europäischen Bühne. Die meisten sind
zufrieden, dass sie den Geldhunger der instabilen Südländer der
Euro-Zone scheinbar abgewehrt hat und dass sie den Schmuddelkindern
im Euro-Raum mit Hilfe des Internationalen Währungsfonds harte
Sparvorgaben auferlegt. Doch in Wahrheit hat die Kanzlerin in Brüssel
nur Zeit gekauft. Der sogenannte permanente Rettungsschirm, den die
Staaten von 2013 an über dem Euro aufspannen wollen, ist keine
überzeugende Antwort auf die strukturellen Schwächen des
Währungsraums. Er wird nicht überdecken können, dass Länder wie
Griechenland oder Portugal ihre Schulden nicht begleichen können,
weil ihre Volkswirtschaften dazu gar nicht mehr in der Lage sind. Er
kann auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Unterschiede größer
werden, dass Deutschland und Italien wirtschaftlich immer weniger
vergleichbar sind. Das wissen die Investoren an den Börsen, und das
weiß auch Merkel. Folgerichtig ist die Kanzlerin erste vorsichtige
Schritte auf dem vorgezeichneten Weg der EU in eine politische Union
gegangen. Ohne sie wird der Euro nicht zu retten sein. Auch
Deutschland wird einen Teil seiner Eigenständigkeit verlieren. Am
Ende dieses Prozesses stehen gemeinsame Anleihen der Euro-Länder als
einziger Ausweg aus der Krise.

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