Rheinische Post: Schlappe für die Taliban Kommentar Von Helmut Michelis

Durch die Margot-Käßmann-Brille betrachtet ist
natürlich weiterhin „nichts gut in Afghanistan“, wie es die
Ex-Bischöfin einmal plakativ formuliert hat. Doch in Frieden lebende
Wirtschaftsnationen mit langer demokratischer Geschichte wie
Deutschland oder Frankreich taugen nicht als Maßstab für dieses
kriegszerrüttete, rückständige und bitterarme Land. Tatsächlich war
deshalb der Ablauf der Präsidentenwahl am Hindukusch – allen
Zwischenfällen und Unregelmäßigkeiten zum Trotz – gleich mehrfach
ermutigend: Millionen Wahlberechtigte haben sich nicht einschüchtern
lassen und trotz Morddrohungen der Taliban ihre Stimme abgegeben. Den
Islamisten, die die Wahl zur Sünde erklärt und eine Terrorwelle
angekündigt hatten, ist es nicht ansatzweise gelungen, die Abstimmung
zu torpedieren. Das wird ihren Einfluss schwächen und den des neuen
Präsidenten, der wohl erst per Stichwahl bestimmt wird, dagegen
deutlich stärken. Unbestritten hat Afghanistan einen schweren,
risikoreichen Weg vor sich. Doch ganz so hoffnungslos, wie es manche
Beobachter darstellen, ist die Entwicklung offensichtlich nicht.

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