Rheinische Post: Seehofer führt die Wähler in die Irre Kommentar Von Martin Kessler

Ein CSU-Chef darf nicht harmoniesüchtig sein,
wenn er um die bundespolitische Bedeutung der Christsozialen kämpft.
Deshalb lässt Horst Seehofer nicht locker, die CDU-Vorsitzende und
Kanzlerin selbst zehn Monate vor der Bundestagswahl zu attackieren.
Doch so ruppig seine Angriffe daherkommen, in Wahrheit ist er sich
mit der Kanzlerin längst einig. Mit seiner Drohung, nur bei einer
gesetzlichen Obergrenze für Flüchtlinge die CSU an der kommenden
Bundesregierung zu beteiligen, verschafft er Merkel im eigentlichen
Wahlkampf Ruhe. Denn die Kanzlerin wird auf die gesunkenen
Flüchtlingszahlen verweisen, während Seehofer publikumswirksam mit
seinem Obergrenzen-Mantra konservative und ultra-konservative Wähler
einbindet. Auf der Strecke bleibt freilich die Glaubwürdigkeit der
beiden Unionsgrößen. Denn das Publikum will keinen Streit um des
Kaisers Bart, sondern eine Antwort auf seine Ängste. Die können die
beiden den Menschen nur nehmen, wenn sie ein entschlossenes
Integrationsprogramm für die bislang aufgenommenen Flüchtlinge mit
wirklich sicheren EU-Außengrenzen verbinden – unabhängig vom
Türkei-Deal. Sonst droht am Ende beiden Ungemach bei den Wahlen.

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