Föderales Wirrwarr, eitle Professoren,
getriebene Politiker – der Umgang mit der EHEC-Infektionswelle ist
ein Paradebeispiel für die hysterischen Schübe, die unsere
Gesellschaft von Zeit zu Zeit erfassen. „Typisch deutsch“, wie
Gesundheitsminister Bahr nassforsch, aber wahr aus dem Glashaus ruft.
Wir haben keine Geduld mehr – nicht mit der Politik, nicht mit der
Natur und auch nicht mit uns selbst. Nach Fukushima wurde überstürzt
gehandelt. Ähnlich gehen wir jetzt mit der bedauerlichen Serie von
Darmerkrankungen um. Die Irrationalität wird paradoxerweise durch die
Pseudo-Rationalität geweckt, die unser Denken beherrscht:
Unerwartetes passiert und soll umgehend erklärt werden. Kaum wird der
technokratischen Elite, die die Rationalitäts-Lehre zum Dogma erhob,
die Möglichkeit zur Ursachenforschung gegeben. Der Ruf an die Politik
ertönt (auch von uns Medien), „etwas“ zu unternehmen. Die Politiker
werden wieder einmal von ihrem uneinlösbaren Versprechen eingeholt,
auf alle Probleme komplexer Gesellschaften eine Antwort zu haben. Es
scheint unerträglich, dass ungeklärt bleiben könnte, was die
EHEC-Welle auslöste, weil möglicherweise die Beweismittel allesamt
vertilgt sind. Immerhin: Minister Bahr könnte der EHEC-Debatte Würde
zurückgeben und Statur gewinnen, handelte er unaufgeregt nach seinen
eigenen Worten.
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