RNZ: Die Rhein-Neckar-Zeitung (Heidelberg) Leitlinien/ Bischöfe/ Missbrauch.

Zerbrochen

Von Alexander R. Wenisch Sie bewegt sich, die katholische Kirche.
Wie immer langsam, aber immerhin. Mit den neuen Leitlinien im Umgang
mit sexuellem Missbrauch im eigenen Haus, holen die Bischöfe
Versäumnisse der Vergangenheit nach. Dass bei Straftaten hinter
Klostermauern oder zwischen Kirchenbänken die Staatsanwaltschaft
eingeschaltet werden muss – eigentlich eine Selbstverständlichkeit in
einem Rechtsstaat. Dass die Bischöfe erst jetzt darauf kommen, zeigt,
wie sehr die katholische Kirche bislang in ihrem eigenen System
verhaftet war. Eine Introvertiertheit, die die moralischen und
menschlichen Verfehlungen der Vergangenheit erst möglich gemacht hat.
Jedoch: Das Kind ist – verschärfte Leitlinien hin oder her – längst
mit dem Bade ausgeschüttet. Die sexuellen Verbrechen, die Machtspiele
einzelner Kirchenmitglieder haben dem Ruf der ganzen Institution
Schaden zugefügt. Der Vertrauensverlust, die Enttäuschung und die
Abscheu vor zu lange gelebter Doppelmoral sind enorm. Darum haben
viele Schäfchen die Konsequenz gezogen; haben in den vergangenen
Monaten die Herde verlassen. Man kann es ihnen nicht verdenken. Und
ob sie noch einmal zurückkehren? Die Kirche wird nur schwer kitten
können, was hier zerbrochen wurde.

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