„Die aktuelle Diskussion über die Zentralisierung der
kapitalgedeckten Altersvorsorge mittels quasiobligatorischer Staatsfonds sehen
wir mit großer Sorge. Was als schöne neue Vorsorgewelt dargestellt wird, ist
nicht zu Ende gedacht. Kosten rechnet man schön, weil der gesamte administrative
Aufwand auf die Arbeitgeber verlagert wird und die Kosten der Auszahlungsphase
negiert werden. Verbreitungserfolge stellt man in Aussicht ohne die
kannibalisierende Wirkung solcher Modelle zu berücksichtigen“, erklärte der
Vorsitzende der aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V.,
Dr. Georg Thurnes, am Rande einer aba-Vorstandssitzung in Stuttgart.
Verbraucher sollen über ihren Arbeitgeber automatisch in ein staatlich
organisiertes Standardvorsorgeprodukt einzahlen, so der Plan. Sie können aus dem
Modell rausoptieren und den Betrag, der abgeführt wird, jederzeit ändern. Wer
behauptet, dass ein solches Modell verwaltungsarm ist, der verkennt die
Realität. Die Arbeitgeber tragen den administrativen Aufwand, sie werden neue
Dokumentationspflichten treffen, die sicher im Rahmen von Betriebsprüfungen
kontrolliert werden. Hat der Arbeitnehmer Fragen zum System, wird der
Arbeitgeber die erste Anlaufstelle sein. Man sollte mal überschlägig ermitteln,
welche Gesamtkosten hier auf die Arbeitgeber zukommen. Nur als Indiz: Aus dem
Bereich der Sozialversicherung wissen wir, dass die Deutsche Rentenversicherung
jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag an die Krankenkassen zahlt, die für
sie über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags das Inkasso
durchführen.
„Die angeblich niedrigen Verwaltungskosten eines staatlich organisierten
Standardvorsorgeprodukts sind zudem kein Alleinstellungsmerkmal. Gerade
betriebliche Versorgungseinrichtungen sind extrem kostengünstig“, so Thurnes.
Betriebliche Versorgungswerke genießen zudem eine hohe Wertschätzung bei den
Arbeitnehmern, da Betriebs- und Tarifpartner passgenaue Systeme entwickeln
können. „Es kann doch nicht im Interesse der Politik sein Arbeitgeber und
Gewerkschaften diesen Gestaltungshebel aus der Hand zu nehmen,“ erläuterte
Thurnes. Doch genau das geschehe, wenn Arbeitnehmer, die zwangsweise in den
Staatsfonds einbezogen würden mangels ausreichender Sparfähigkeit aus der
betrieblichen Altersversorgung aussteigen würden.
Auch rechtlich bestehen Bedenken. Kommt es zu unzulässigen Verzerrungen des
Wettbewerbs? Die Organisation soll über einen öffentlich-rechtlichen Träger
erfolgen, stellt das wirklich einen sicheren Zugriffsschutz und Schutz vor
Einflussnahme dar? Ist durch die Konstruktion nicht Staatshaftung für den Fall
vorprogrammiert, dass einmal Probleme auftauchen?
„Einige der diskutierten Staatsfondsmodelle sollen keine Garantien enthalten.
Das ist sinnvoll, aber – wie die Erfahrungen mit den Sozialpartnermodellen
zeigen – Arbeitnehmern nur schwer kommunizierbar. Und das, obwohl bei der reinen
Beitragszusage in der bAV ausgeklügelte Pufferkonstruktionen und der kollektive
Ansatz Sicherheit schaffen. Die diskutierten Staatsfondsmodelle setzen vor allem
auf den Aktienmarkt, die Risiken tragen allein die Sparer, was sie aller
Erfahrung nach gerade nicht wollen. Das macht aber nichts, als Zwangssparmodell
mit der Möglichkeit des Opting-out braucht man ja keine Überzeugungsarbeit zu
leisten. Der Ärger kommt aber dann beim ersten Kursabsturz,“ erläutert Thurnes.
„Mich überzeugt dieses Modell nicht,“ so das Fazit, das Thurnes zieht. „Vor
allem sollte man erst darüber entscheiden, wenn wirklich alle Rahmenbedingungen,
vor allem die Ausgestaltung der Leistungsbezugsphase und die tatsächlich
anfallenden Kosten und rechtlichen Fragen geklärt sind.“
Die aba ist der deutsche Fachverband für alle Fragen der betrieblichen
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parteipolitisch neutral und setzt sich seit 80 Jahren unabhängig vom jeweiligen
Durchführungsweg für den Bestand und Ausbau der betrieblichen Altersversorgung
in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst ein.
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