Santayana-Preis für Geschichtsvergessenheit 2024

Die besagte Broschüre enthält nach einem Faktencheck folgende einseitige Betrachtungsweisen:

Über die wirtschaftliche Oberschicht
Behauptung: »Hinter vermeintlicher Kapitalismuskritik verbirgt sich nicht selten auch manifester Antiamerikanismus« (S. 11).
Fakt: Antiamerikanismus besteht in der Kritik an der US-amerikanischen Kriegsführung, zu der nukleare Aufrüstung, Massenmord und die Zerstörung der Umwelt gehört. Krieg ist eine Hauptursache für den Klimawandel. Vor diesem Hintergrund handelt es sich nicht nur um »vermeintliche« Kapitalismuskritik.

Über Medienkritik
Behauptung: »‚Lügenpresse!‘ Sofort hat jede:r die Rufe auf rechten Demonstrationen im Ohr. Mit dem Code der ‚Lügenpresse‘ wird behauptet, die Medien seien nicht unabhängig, sondern gleichgeschaltet und gesteuert« (S. 36).
Fakt: Tatsächlich hat der Kommunikationsforscher Uwe Krüger in seiner Studie „Meinungsmacht“ nachgewiesen, dass führende deutsche Journalisten in die Militär- und Wirtschaftslobby verstrickt sind. Für die US-amerikanische Medienlandschaft haben Noam Chomsky und Edward Herman in ihrer Monographie „Manufacturing Consent“ ähnliche Verstrickungen nachgewiesen.

Über die Ungeborenen
Behauptung: »Abtreibungsgegner:innen betrachten Schwangerschaftsabbrüche nicht selten als ‚massenhaften Mord an ungeborenem Leben‘ – und schrecken dabei auch nicht vor Shoah-Vergleichen zurück« (S. 33).
Fakt: Hier unterschlägt die Broschüre, dass die Nationalsozialisten die Abtreibung von angeblich unwertem Leben im Rahmen ihres Euthasieprogramms weitläufig gefördert haben, dass Hans Harmsen, der erste Vorsitzende des Abtreibungskonzerns pro familia, ein glühender Nationalsozialist war und dass der Großteil der Menschen mit Downsyndrom nach alter deutscher Tradition auch heute der Abtreibung zum Opfer fällt.

Über Israel
Behauptung: »Wird Israel als ‚Apartheidstaat‘ und ‚Unrechtsstaat‘ bezeichnet, wird ihm die Rechtsstaatlichkeit und der demokratische Charakter abgesprochen. Im Begriff Apartheid, der einst die rassistische Trennung von Bevölkerungsgruppen in der Republik Südafrika beschrieb, steckt der Vorwurf, der israelische Staat sei per se ein rassistisches Konstrukt« (S. 16).
Fakt: Israel hat im Rahmen seines Atomwaffenprogramms mit Südafrika zusammengearbeitet. Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Sippenhaft und Kindermord werden auch auf demokratischem Weg nicht ethischer.

Bei allem Respekt gegenüber dem Kampf gegen Antisemitismus, ist es aus Sicht des Friedrich-Muckermann-Zentrums nicht redlich, derlei Informationen zu unterschlagen.