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Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.: SdK stellt Antrag auf
Disziplinarverfahren gegen Wirtschaftsprüfer Warth&Klein und KPMG
DGAP-Media / 16.12.2011 / 12:19
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SdK stellt Antrag auf Disziplinarverfahren gegen Wirtschaftsprüfer Warth&Klein und KPMG
Im Zusammenhang mit dem Zwangsausschluss der Minderheitsaktionäre (Squeeze
out) der Süd-Chemie AG sieht die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.
(SdK) gravierende Verstöße bei der Ermittlung der Abfindungszahlung durch
die eingeschalteten Wirtschaftsprüfer Warth&Klein und KPMG.
Obwohl die Wirtschaftsprüfer zum Bewertungsstichtag eine in Bezug auf die
Abfindungshöhe relevante Zinsänderung des Basiszinssatzes testierten,
versagten sie einer sich daraus bedingten Anhebung der Abfindungszahlung
ihre Anerkennung. Damit haben sich die Wirtschaftsprüfer nach Ansicht der
SdK gegen gültige Standards des IDW S 1 hinweggesetzt und gegen die
Wirtschaftsprüferverordnung (§43 Absatz 1 WPO ) verstoßen. Die SdK hat
daher bei der Wirtschaftsprüferkammer einen Antrag auf Einleitung eines
Disziplinarverfahrens gegen die beiden Wirtschaftsprüfer gestellt und auch
ein Spruchverfahren zur gerichtlichen Bestimmung des Abfindungspreises für
betroffene Süd-Chemie Aktionäre eingeleitet.
Ausführliche Erläuterung
Am 22. November 2011 wurde auf der Hauptversammlung der Süd-Chemie AG der
Zwangsausschluss der Minderheitsaktionäre auf Bestreben des
Mehrheitsgesellschafters Clariant beschlossen. Das deutsche Aktiengesetz
sieht in solchen Fällen eigentlich den Schutz der Interessen der
Minderheitsaktionäre durch die Prüfung des Abfindungsangebotes durch einen
unparteiischen Wirtschaftsprüfer vor. Im Fall der Süd-Chemie AG wurde für
diese Prüfung die Warth&Klein Grant Thornton AG
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Warth&Klein) bestellt und zwar auf
Vorschlag des Hauptaktionärs Clariant. Statt die Interessen der
Minderheitsaktionäre zu vertreten, verfolgt Warth&Klein aber offenbar nur
die Interessen des Hauptaktionärs, eine möglichst geringe Abfindung an die
Minderheitsaktionäre zahlen zu müssen.
Warth&Klein hat in seinem vermeintlichen Prüfungsbericht vom 22.
September 2011 bei Geltung eines Basiszinssatzes von 3,5 % einen
Unternehmenswert von 125,26 Euro als angemessene Abfindung bestätigt.
Maßgeblich für die Abfindung der Minderheitsaktionäre ist aber der
Unternehmenswert am Tag der Beschluss fassenden Hauptversammlung. Bis zur
Hauptversammlung am 22. November 2011 sank der Basiszinssatz auf 2,75 %.
Dies wurde von Warth&Klein in einer Stichtagserklärung auch bestätigt.
Dort heißt es, dass der Basiszins gerundet bei 3 % liegen würde. Vorstand
und Aufsichtsrat der Süd-Chemie AG haben darüber hinaus einhellig
bestätigt, dass sie trotz der gesunkenen Zinsen weiter vom Erreichen ihrer
Planung ausgehen. Durch die Senkung des Basiszinssatzes hätte der
Unternehmenswert der Süd-Chemie AG deutlich ansteigen und die Abfindung
umgehend erhöht werden müssen. Unseren Berechnungen zur Folge stiege die
Abfindung, allein wegen des zu niedrigen Basiszinssatzes, auf 132 Euro je
Aktie. Warth&Klein verweigerte in seiner Stichtagserklärung aber eine
Nachbesserung der auf Basis des ursprünglichen Basiszinssatzes festgelegten
Abfindung.
Die Regeln der Wirtschaftsprüfer für die Ermittlung von angemessenen
Unternehmenswerten sind an dieser Stelle aus der Sicht der SdK jedoch
eindeutig. In ihrem Wirtschaftsprüferstandard zur Bewertung von Unternehmen
(IDW S 1) heißt es: –Für den objektivierten Unternehmenswert ist bei der
Bestimmung des Basiszinssatzes von dem landesüblichen Zinssatz für eine
(quasi-)risikofreie Kapitalmarktanlage auszugehen.– Als am 22. September
2011 – und in den Jahren zuvor – die Zinsen noch hoch waren, wurde diese
Regel auch von Warth&Klein befolgt.
Heute, bei gesunkenem Zinsniveau, heißt es bei Warth&Klein in der
Stichtagserklärung lapidar: –Wir haben die Entwicklung des Basiszinssatzes
der letzten Wochen und Monate analysiert und sind zu dem Schluss gekommen,
dass diese nicht repräsentativ für die Ableitung eines nachhaltigen
Kapitalisierungszinssatzes sein kann. Im Ergebnis führt ein aus unserer
Sicht angemessener Kapitalisierungszinssatz auf keinen Fall dazu, dass der
innere Wert der Süd-Chemie Aktie die festgelegte Abfindungübersteigt–.
Es darf nach Auffassung von Warth&Klein offenbar –auf keinen Fall– sein,
dass die Abfindung der Minderheitsaktionäre erhöht werden muss. Zu diesem
Zweck ist Warth&Klein wohl sogar bereit, reale Fakten wie das tatsächlich
momentane Zinsniveau zu ignorieren. Obwohl in einem durchschnittlichen
Monat Anleger Gelder in Höhe von rund 548 Mrd. Euro zu diesem Zinssatz
anlegen, sagt Warth&Klein, dass dieser Zinssatz nicht repräsentativ sein
könne. An dieser Stelle wird nach Meinung der SdK gegen die eigenen Regeln
des Standes der Wirtschaftsprüfer verstoßen. Landesübliche Zinssätze werden
ignoriert, weil Abfindungen –auf keinen Fall– erhöht werden dürfen. Als
Krönung muss dann noch mit angesehen werden, dass Warth&Klein die
Planungen des Managements der Süd-Chemie AG bei der Bestimmung des
Unternehmenswertes ignorierte und stattdessen zu Lasten der
Minderheitsaktionäre eigene Berechnungen angestellt hat.
Aufgrund dieses ungeheuerlichen Verhaltens zu Lasten der
Minderheitsaktionäre hat die SdK vor der Wirtschaftsprüferkammerüber die
Anwaltskanzlei Dreier Riedel Rechtsanwälte eine Berufspflichtverletzung der
Warth&Klein und der KPMG AG, dem Erstprüfer in diesem
Zwangsausschlussverfahren, der dieselbe Verhaltensweise an den Tag legte,
angezeigt und die Einleitung eines Disziplinarverfahrens bzw. die
Weiterleitung an die Berufsgerichte beantragt. Parallel hat die SdK ein
Spruchverfahren eingeleitet, um für ihre Mitglieder die Abfindungszahlung
in einem gerichtlichen Spruchverfahrenüberprüfen lassen.
SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.
16. Dezember 2012
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Ende der Pressemitteilung
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