Geht es wirklich um Neid? Gewiss, die
Eidgenossen haben an der Urne ihrer Wut Luft gemacht – ihrem Zorn
über die schier unersättliche Gier von einigen Managern, die mitunter
die höchsten Gehälter, Boni und Abfindungszahlungen erhalten. Aber
haben sie das wirklich aus Neid getan, wie von einigen Gegnern der
„Initiative gegen Abzockerei“ behauptet wird?
Eher nicht. Wäre tatsächlich allein der Neid ein Abstimmungsmotiv
gewesen, so hätte er sich nicht ausschließlich gegen Manager
börsennotierter Großkonzerne gerichtet, sondern auch gegen andere
Spitzenverdiener. Bei Fußballern, Formel-1-Rennfahrern oder
Hollywoodstars gibt es zwar auch Kritik, es würde zu viel Geld
fließen. Aber ein solch deutlicher Protestakt gegen deren Gehälter
wäre undenkbar.
Es ist eben nicht der Neid. Es ist die Empörung der Bürger und
Kleinaktionäre über die ungerechtfertigte Höhe der Entlohnung.
Firmenchefs sind auch nur Angestellte, die ihre Arbeit tun und dafür
leistungsgerecht bezahlt werden sollen. Doch welche Leistung kann
schon so viele Millionen Euro wert sein? Schließlich erwirtschaften
die Chefs nicht alleine den Unternehmensgewinn.
Das Fass zum Überlaufen brachte der Fall Vasella: Daniel Vasella,
Vorstandsvorsitzender des Schweizer Pharmakonzerns Novartis, sollte
72 Millionen Franken Abfindung allein dafür erhalten, dass er sechs
Jahre lang nicht für die Konkurrenz arbeitet – sprich: für bloßes
Nichtstun. Der redlich arbeitende Bürger stellt sich da die Frage,
wie viel die eigene Arbeit überhaupt wert ist. Bei Novartis arbeiten
allein in der Schweiz rund 13500 Menschen. Tragen die im Verhältnis
zu Vasellas Nichtstun so wenig zum Konzernerfolg bei?
Die Empörung der Bürger über derartige Zustände hat die Berner
Politik zu lange ignoriert. Zu lange wurden die Forderungen von
Kleinaktionären nach mehr Mitspracherecht belächelt. Das
Abstimmungsergebnis enthält eine klare Handlungsanweisung an die
Politik. Dieser Weckruf der Eidgenossen sollte besser auch in anderen
Ländern Europas gehört werden.
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