Jeder blamiert sich so gut er kann. Das
Trauerspiel um die Papstrede im Bundestag entlarvt demokratische
Defizite bei den Abgeordneten, die einem der wichtigsten Männer
dieser Erde nicht zuhören wollten und ihm damit die Ehre
verweigerten, die Gästen zukommt.
Der Heilige Vater hat die Verweigerer mit seiner Rede zusätzlich
blamiert. Was er zu sagen hat, sollten Demokraten jeglicher Couleur
unterschreiben können. Das wiedervereinigte Deutschland ist ein in
Glaubensfragen neutraler Staat. Das bedeutet auch die Verpflichtung
zum Respekt vor Überzeugungen, die nicht die eigenen sind. Gegen
dieses Respektsgebot und gegen das parlamentarische
Selbstverständnis, andere Meinungen zu ertragen, verstoßen jene, die
Andersdenkenden nicht nur nicht zuhören wollen, sondern diese
Verweigerung obendrein zu einer höchst zweifelhaften
Selbstdarstellung nützen.
Nachdem der Papst gesprochen hat, müssen sich die Verweigerer
fragen lassen, was ihren Boykott rechtfertigt? Sein Aufruf zum
respektvollen Umgang mit Gottes Natur? Die Mahnung, das Materielle
nicht zum Maßstab für den Wert der Menschen zu machen? Nichts von
dem, was Benedikt fordert, ist geeignet, unter Demokraten Ablehnung
zu provozieren. Zumindest, so lange gilt, dass die Meinungsfreiheit
zu den hohen Gütern des Gemeinwesens zählt. Wie das Zuhören, das den
tragfähigen Konsens erst möglich macht.
Der simple Satz, dass Religion Privatsache sei, hilft da nicht
weiter: Die vermeintliche Privatsache gehört zu den Grundlagen der
Republik, unabhängig von der Gottgläubigkeit. Wer Religion derart
abwerten will, verweigert nicht nur jenen Staatsbürgern den Dialog,
denen ihr Glauben wichtig ist, sondern auch denen, die Toleranz als
hohes Gut empfinden. Dieses Gut zu achten, fiel auch der Kirche nicht
immer leicht. Aber der Papst hat im Bundestag bewiesen, dass er da
keine Nachhilfe braucht. Im Gegensatz zu jenen Kritikern, die ihm
nicht einmal zuhören wollten und ihr Unbehagen allzu sehr auf Fragen
des Unterleibs reduzieren.
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