Zunächst zur Tagespolitik: Die SPD hat einen
großen Fehler in Thüringen begangen, offenzulassen, ob sie mit der
CDU oder den Linken die Regierung stellen will. Der Juniorpartner in
der schwarz-roten Koalition in Erfurt hat sich weiter degradiert. In
Thüringen ist die einstmals so stolze SPD lediglich noch ein
Mehrheitsbeschaffer. Die inhaltliche Positionierung der
Sozialdemokraten war den meisten Wählern egal. Deshalb wurde lieber
gleich schwarz oder dunkelrot gewählt. Abseits der Irrungen und
Wirrungen links von der Mitte bleibt aber festzustellen, dass die CDU
trotz ihrer Zuwächse ein großes Problem in Deutschland hat. Ihr
traditioneller Regierungspartner FDP pulverisiert sich und die AfD
setzt sich zunehmend im Parteiensystem rechts von der Union fest.
Die Alternative für Deutschland wird unter anderem von Menschen
gewählt, die sich als konservativ definieren und die früher
automatisch ihr Kreuz bei CDU oder CSU gemacht haben. Diese Wähler
fühlen sich heimatlos, nachdem Merkel die CDU modernisiert und mit
der Globalisierung vertraut gemacht hat. Rechtsnationale,
Konservative und Protestwähler werfen der pragmatischen Merkel vor,
sie verfüge über keinerlei echte Überzeugungen. Mit der AfD haben sie
nun eine Möglichkeit, ihre Verärgerung zu kanalisieren. Tatsächlich
hat die CDU-Vorsitzende in ihrer Funktion als Regierungschefin viele
Positionen geräumt, die als Markenkern der Christdemokraten galten.
Auch spielen Männer wie Friedrich Merz oder Roland Koch in der
Merkel-CDU keine Rolle mehr. Zwei Ex-Politiker, die den verwaisten
konservativen CDU-Flügel repräsentierten und der AfD das Leben schwer
machen würden.
In Baden-Württemberg wird es 2016 interessant. Die AfD könnte die
CDU die Prozente kosten, die sie für die Rückeroberung der
Regierungsmacht ohne FDP braucht. Grüne und SPD müssen dafür die
Union unter 40 Prozent drücken. Für einen bodenständigen und
populären Mann wie den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann ist
das nicht unmöglich.
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