Mit lang anhaltendem Beifall haben die
Abgeordneten des Europaparlaments die Rede von Papst Franziskus
quittiert. Applaus wofür? Er hat die umfassende Würde des Menschen
angemahnt, das Lebensrecht Ungeborener, das Lebensrecht Alter und
Kranker. Er hat mehr Hilfe für Flüchtlinge angemahnt, und er hat an
die christlichen Wurzeln des Kontinents erinnert, die wiederentdeckt
und gepflegt werden müssten.
Franziskus hat nicht mehr und nicht weniger gesagt als das, was
man von ihm erwarten konnte und erwartet hat. Noch deutlicher: Dieser
Papst wiederholt sich. Er verharrt in den ihm wichtigen Themen, und
er wird – buchstäblich – nicht müde, sie immer und immer wieder
anzusprechen. Da muss der Beifall eigentlich erstaunen. Vielleicht
ist es aber eine Art Charme der Ohnmacht, den der Mann im weißen
Gewand ausstrahlt. Wenige Menschen auf der Welt werden so gehört wie
das Oberhaupt der katholischen Kirche. Wenige können es sich
erlauben, ohne Rücksicht auf aktuelle Zeitströmungen prinzipiellen
Klartext zu reden.
Aber es ist ein Paradoxon: Hätte der Papst die Macht, all das
durchzusetzen, was er einfordert, der Beifall würde schnell
verstummen. Unangenehme Wahrheiten sind leichter erträglich, wenn
keine Konsequenzen zu fürchten sind. Dennoch: Es bleibt
möglicherweise etwas haften.
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