Jetzt haben die Schulen die Bescherung. Nach
dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts kann das Kopftuchtragen
weiterhin verboten werden, wenn es den Schulfrieden stört. Generell
aber fällt das Verbot. Das ist nicht das Ende der Debatte, das könnte
eher der Anfang von Auseinandersetzungen vor Ort sein.
Den meisten Deutschen ist es zum Glück ziemlich gleich, ob jemand
ein Kopftuch trägt oder nicht. Und natürlich gibt es eine Vielzahl
von guten Lehrerinnen, die ein Kopftuch tragen. Selbstverständlich
ist es entscheidender, was im Kopf ist, als was auf dem Kopf ist.
Aber trotz alledem gibt es auch gute Gründe, Bedenken gegen das
Karlsruher Urteil zu haben.
Wer meint, dass der Islam zu Deutschland gehört, der kann auch das
Kopftuch nicht verbieten. Wer aber findet, dass Muslime in
Deutschland willkommen sind, aber Deutschland nach wie vor eine
christlich-abendländische Gesellschaft ist, kann auch für ein Verbot
eintreten – aus vielerlei Gründen. Wäre das Kopftuch nur ein Symbol
religiöser Vielfalt, könnte man es mit der Kippa oder der
Nonnentracht gleichstellen. Das Kopftuch aber wird auch als Symbol
bewusster Abgrenzung getragen – und ist zudem manchmal Symbol für
eine Art von Gesellschaftsbild, in dem die Frau dem Mann nicht
gleichgestellt, sondern unterstellt ist. Konservative Muslime
respektieren Frauen ohne Kopftuch nicht. Lehrerinnen haben
Vorbildfunktion, und es kann nicht im Sinne der Schülerinnen sein,
wenn sie dieses Bild vorleben.
Überdies wird mit dem Kopftuchstreit die Auseinandersetzung
zwischen Fundamentalisten und Säkularen, wie es sie in der Türkei
seit Langem gibt, auch in Deutschland ausgetragen. Doch beim
Kopftuchstreit geht es am Ende nicht nur um religiöse und politische
Symbole, sondern auch um die Frage der Integration. Wenn junge
Mädchen nicht zeigen dürfen, dass sie schöne Haare haben, wenn sie
nicht mitschwimmen, nicht mitturnen sollen, dann werden sie der
Gesellschaft in Deutschland entzogen. Das kann niemand wollen.
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