Schwäbische Zeitung: Der DFB findet gute, klare Worte – Leitartikel

In unklaren Zeiten tut es gut, klare Worte zu
lesen. Die wirren Gedankenspiele diverser Politiker und Funktionäre,
dass man die Spiele der Fußball-Europameisterschaft, die in der
Ukraine stattfinden, der politischen Turbulenzen wegen kurzerhand
nach Deutschland verlegen solle, sind im Wolkenkuckucksheim
entstanden. Natürlich ist es eine Schande, wie mit Julia Timoschenko
verfahren wird. Doch würde es der ehemaligen Ministerpräsidentin
nützen, wenn die EM-Spiele statt in Charkow in Gelsenkirchen
abgehalten würden? Eindeutige Antwort: nein! Nichts gegen die freie
Meinungsäußerung eines Polizeigewerkschaftsfunktionärs, der
Spielverlegungen nach Deutschland für machbar hält. Doch viel gegen
das Ansinnen, dies auch nur halbwegs ernst zu nehmen.

Das Volk der Ukraine, wirtschaftlich beileibe nicht auf Rosen
gebettet, hat große Opfer gebracht, um die Spiele im eigenen Land
stattfinden zu lassen. Allein schon deshalb wäre eine –
wirtschaftlich wie organisatorisch komplett unsinnige Spielverlegung
– für das Volk des Gastgeberlandes eine schallende Ohrfeige.
Sportboykotts haben noch nie etwas bewirkt. Der Boykott der
Olympischen Spiele von Moskau 1980 (durch westliche Länder) und die
Revanche durch den Ostblock bei Los Angeles 1984 haben nur viele
Athleten um den Lohn ihrer Mühen gebracht. Politisch genützt haben
sie nichts.

Natürlich findet der Sport in keiner politikleeren Umgebung statt,
und die Erinnerung an 1978, als die Fußball-WM widerstandslos in
einem faschistisch beherrschten Argentinien abgehalten wurde, muss
als Mahnmal dienen. Auch der Kotau des Weltsports vor Pekings
Machthabern 2008 bei den Olympischen Spielen war kein Ruhmesblatt.
Widerspruch tut diesmal not. Wenn Politiker und Funktionäre ihren
Protest artikulieren und dem Gastgeberland fernbleiben – so die
Verhältnisse unannehmbar bleiben – dann ist das auch gut so. Alles
darüber hinaus wäre von Übel. Dass der DFB dies klargestellt hat, ist
ein gutes Zeichen.

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