Schwäbische Zeitung: Der richtige Moment – Kommentar

Politiker dürfen nicht den richtigen Moment
verpassen. Sie wollen schließlich wieder gewählt werden. Die meisten
streben nach einem Platz im Geschichtsbuch. Ein Politiker kann
einiges dafür tun, dass sich die Bürger wohlwollend erinnern: Wenn er
im richtigen Moment den gesunden Menschenverstand an den Tag legt,
den die Wähler von ihm erwarten. Nun hat Bundespräsident a.D.
Christian Wulff in den letzten Monaten gerade dieses Taktgefühl
vermissen lassen. Darum sollten die Bürgerinnen und Bürger jetzt
nicht von ihm erwarten, dass er Größe zeigt. Er wird sich wohl kaum
in Hannover vor die Kameras stellen und erklären, er wolle den
peinlichen Streit um seine Privilegien beenden, verzichte auf den
Ehrensold, die Sekretärin, das Büro und den Fahrer, die ihm doch
zustehen. Größe zeigen kann dagegen das Volk, das in seiner großen
Mehrheit gegen Annehmlichkeiten für einen ist, dem sein Vorteil ein
bisschen zu wichtig war. Die Bevölkerung sollte Wulff diesen
Ehrensold zubilligen, Hausdurchsuchung hin oder her, und den Blick
nach vorne richten: In einer Woche haben wir einen neuen
Bundespräsidenten. Der wird dann hoffentlich das Gespür für den
richtigen Moment haben.

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