Die einen sehen den „Eisbrecher“ kommen, der
das eingefrorene blaugelbe Parteischiff befreit. Die anderen glauben,
eine Leiter gefunden zu haben, mit der sie aus dem „Tal der Tränen“
klettern können. Welche Bilder auch immer die Liberalen auf dem
Dreikönigstreffen bemühen, eines ist klar: Die FDP ist bereit für den
Aufbruch aus der Bedeutungslosigkeit.
Frust und die Leere scheinen überwunden. Das befreiende Signal für
die zuletzt glücklosen Liberalen kam von ihrem Vorsitzenden Christian
Lindner. Seine rhetorisch brillante und selbstkritische Rede hatte
genug Substanz, um die Partei wachzurütteln und sie für den
schwierigen Überlebenskampf fit zu machen.
Die FDP hat eine faire Chance verdient. Ihre Perspektiven hängen
von überzeugenden Antworten auf drei zentrale Fragen ab. Wer braucht
die FDP? Wofür steht die FDP? Und was ist ihre Mission? Nur bei zwei
von ihnen herrscht Klarheit.
Die Partei sieht sich als Hüterin der gesellschaftlichen Fairness
und der ungehinderten Selbstentfaltung der Bürger auf Basis klassisch
freiheitlicher Ideale. Sie glaubt, damit Menschen ansprechen zu
können, die eine „Bemutterung“ durch große Parteien leid sind. Doch
welche Rolle wird die kleine FDP einnehmen, wenn sie nicht länger
„Mehrheitsbeschafferle“ in Berlin und anderswo sein will? Diese Frage
bleibt weiter offen.
Der erste Schritt aus der Jammerecke war es, selbst an die eigenen
Ideen zu glauben. Diese Hürde haben die Liberalen genommen. Nun muss
sie konkrete Lösungen zu Problemen wie Migration, Pegida und dem
Zusammenhalt Europas anbieten. Lindner und sein Team brauchen dazu
viel Fachkompetenz. Das Wichtigste aber: Die in Teilen ihrer eigenen
Partei als zu glatt und intellektuell wahrgenommene Spitze muss
lernen, die Sprache der Menschen auf der Straße zu sprechen. Dann
wird sie vielleicht auch einen Teil der Pegida-Wutbürger abholen
können. Der Kampf um die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Bürger
wird die entscheidende Prüfung der neuen FDP sein.
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