Zunächst einmal liegt Alice Schwarzer richtig.
Die Bundesrepublik bietet Steuerhinterziehern die Möglichkeit, ihre
Steuerflucht mit einer Selbstanzeige in Ordnung zu bringen.
Offensichtlich hat Schwarzer dabei im Gegensatz zu Uli Hoeneß keine
Fehler begangen. Der Fiskus hat sich mit der prominenten Deutschen
geeinigt. Ihr droht keine Haft, sie musste lediglich Steuern und
Säumniszinsen nachzahlen. Dass plötzlich die Medien Wind von dem
offensichtlichen Millionen-Vermögen Schwarzers bekamen, ist für die
kampfeslustige Feministin unschön und es kann schon berechtigt von
einem Prominenten-Malus gesprochen werden, der inakzeptabel ist.
Doch Alice Schwarzer wäre nicht Alice Schwarzer, würde sie in
einer solchen peinlichen Lage nicht gnadenlos überziehen. Die
Wuppertalerin hat bei den Verschwörungstheoretikern nachgeschlagen.
Ihre Kritik am Ehegattensplitting, ihre Kampagne gegen die
Prostitution sollen finstre Gestalten dazu gebracht haben, sie wegen
eines „Fehlers“ zu denunzieren. Auf einmal ist die Herausgeberin von
Emma, die gerne gegen andere mit erhobenen Zeigefinger zu Felde
zieht, ein Opfer, nein besser: Sie sieht sich als das Opfer einer von
langer Hand geplanten Rufmordkampagne.
Dass Alice Schwarzer nicht an Minderwertigkeitskomplexen leidet,
ist bekannt, doch ihre Geschichtsklitterung ist schwer zu ertragen.
Da fabuliert sie von einer Hatz gegen sie, die sie geradezu dazu
zwang, hohe Summen bei den Eidgenossen gewinnbringend anzulegen. Denn
sie habe über Emigration nachdenken müssen. Schwarzer, eine in den
80er-Jahren von der Bundesregierung Verfolgte? Wer mit solcher
Chuzpe argumentiert, dem ist jegliche Selbstkritik fremd und der
verhebt sich an seinen eigenen Formulierungen. Aufgrund der
wahrscheinlichen Höhe ihres Vermögens dürften die überwiesenden
200000 Euro für Schwarzer ein Klacks sein. Viel schlimmer ist aber
für jemanden mit dieser Hybris, dass die moralische Integrität dahin
ist. Selbst schuld, da braucht es keine Verschwörung.
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