Ausgerechnet Hessen. Hier waren sich noch bis
vor Kurzem die beiden potenziellen Koalitionspartner in herzlicher
Abneigung zugetan. Die Gegnerschaft musste nicht gespielt werden, sie
wurde gelebt. Sollten sich jetzt Schwarze und Grüne tatsächlich zu
einer gemeinsamen Landesregierung durchringen, kann tatsächlich über
die Ironie der Geschichte geschmunzelt werden. Die vormals
knallharte, konservative Hessen-Union sucht den Schulterschluss mit
einem Grünen-Landesverband, zu dessen Genen die Frankfurter
Hausbesetzer-Szene gehört. Historie kann auch über die Ikonen beider
Parteien aus früheren Zeiten geschrieben werden: hier Alfred Dregger
und Roland Koch, dort Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit.
Dennoch ist das, was sich in Wiesbaden derzeit abspielt, eine
logische Konsequenz aus der Bundestagswahl und den zähen
Koalitionsgesprächen zwischen Union und SPD. Da die SPD immer mal
wieder demonstrativ mit den Linken spielt, muss die Union zeigen,
dass sie – sollte es darauf ankommen – auch anders kann. Lagerdenken
verbaut Chancen auf Regierungsmacht. Strategisch müssen sich deshalb
Christdemokraten wie Umweltschützer Optionen erarbeiten. Und
wahrscheinlich geht das in einem Bundesland besser, in dem die
Parteien eindeutig positioniert sind.
Sollte es zum schwarz-grünen Bündnis in Wiesbaden kommen, wird
knapp 200 Kilometer südlich genau hingeschaut. In Stuttgart hat es
Anläufe gegeben, eine solche Koalition zu ermöglichen. Anders als in
Hessen gibt es hierzulande mehr Schnittmengen zwischen CDU und den
hiesigen, pragmatischen Grünen. Schaut man sich das Ergebnis der
Bundestagswahl im Südwesten wie aktuelle Umfragen an, dann ist die
Chance auf eine Wiederwahl von Grün-Rot recht gering. Erschwerend für
die Sozialdemokraten kommt hinzu, dass die Grünen über die
Zusammenarbeit im Kabinett wie im Landtag relativ desillusioniert
wirken. Für sie wäre die Hinwendung zur Union kein großer Sprung,
sondern eher ein kleiner Schritt.
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