Schwäbische Zeitung: Ein geschickter Schachzug

Die Schlinge zieht sich langsam zu.
Energiewende und Atomausstieg sind zu viel für die schwerfälligen
Energieversorger aus alten Tagen. Um sich von diesen Sorgen mit einem
Schlag zu befreien, greift Eon-Chef Johannes Teyssen mit der
Abspaltung des ehemaligen Hauptgeschäfts in Kohle, Gas und Atomkraft
zu einer drastischen Maßnahme. Doch ist das eine Verzweiflungstat
oder nicht eher ein schlauer Coup?

Teyssen lässt die neue Gesellschaft mit den schwächelnden
konventionellen Energieträgern nicht mittellos an die Börse ziehen.
Er macht sie attraktiv, indem er ihr die zukunftsträchtigen
Speichertechnologien überlässt, den lukrativen Energiehandel und die
Gasförderung. Hinzu kommt die Aussicht auf eine mögliche staatliche
Förderung für Gaskraftwerke. Wenn der Wind mal nicht weht und die
Sonne nicht scheint, braucht man in Zukunft immer noch konventionelle
Kraftwerke, die man dazuschalten kann – zumindest so lange, bis es
entsprechende Speichertechnologien für die Wind- und Sonnenenergie
gibt.

Zusätzlicher Clou: Die neue Gesellschaft soll schuldenfrei sein
und sämtliche milliardenschwere Rückstellungen für den Rückbau der
sieben Eon-Kernkraftwerke bekommen. Schuldenfrei heißt bei Eon
einiges: Der Konzern steht mit 31 Milliarden Euro in der Kreide.

Doch man sollte genauer hinschauen: Berlin plant den Abschied von
der Kohle, die Gaskraftwerke sind bereits jetzt unrentabel und bis
2022 müssen alle Atomkraftwerke stillgelegt sein. Das Schlimmste
kommt aber noch: Der Rückbau der Kernreaktoren wird die angesparten
Rückstellungen bei Weitem übertreffen. Das ist auch Berlin klar.

Wenn Teyssens gewagter Abspaltungsplan aufgeht, werden die
Aktionäre der neuen Gesellschaft auf diesen Kosten sitzenbleiben –
den Rest zahlt selbstverständlich der Steuerzahler. Teyssen hat sich
indes unauffällig das Sahnestück reserviert: Das zuverlässige
Geschäft mit den Strom- und Gasnetzen verbleibt zusammen mit der
erneuerbaren Energie im Hause Eon.

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