Vielleicht kann ja Goethe das Lebensgefühl
vieler Menschen in Süddeutschland erhellen? „Alles in der Welt lässt
sich ertragen, nur nicht eine Reihe von schönen Tagen“, hat der
Dichter einst geschrieben. Anders lässt sich kaum erklären, warum
gerade die Württemberger nach einer neuen Studie vergleichsweise
unzufrieden mit ihrer Arbeit, dem Einkommen und der Wohnsituation
daheim sind.
Denn der durchschnittliche Vorpommer oder Pfälzer kann von den
Bedingungen am Bodensee oder in Oberschwaben nur träumen: Fast jeder,
der will, hat hier Arbeit. Der Lohn liegt meist deutlich über dem,
was es anderswo in Deutschland gibt und die Jobs sind ziemlich
sicher. Mehr Menschen leben im eigenen Heim, haben mehr Sport- und
Freizeitmöglichkeiten als im Norden, Westen oder Osten der Republik.
Kein Wunder, dass der Rest der Deutschen so gern bei uns Urlaub macht
oder hier leben möchte.
Diese harten Kriterien haben die Forscher des Institutes
Allensbach in ihrer repräsentativen Befragung als Glückbringer
herausgefunden. Warum machen sie so viele Menschen bei uns im Süden
nicht zufriedener? Da verstehen auch die Experten vom Bodensee ihre
Nachbarn nicht so recht. So bleibt nur Goethes These von den „schönen
Tagen“. Die deckt sich übrigens auch mit Erkenntnissen
internationaler Studien. Bewohner aus Ländern, in denen zuweilen
Hunger, Krieg oder Naturkatastrophen wüten, sind demnach oft mit
ihrem Leben zufriedener als wir Wohlstandsbürger. Weil sie wissen,
was wirkliches Unglück ist?
Niemand möchte manchen ach so unglücklichen Süddeutschen derartige
Schicksalsschläge wünschen. Eine Rundreise mit offenen Augen durch
das Ruhrgebiet oder die Uckermark verhilft womöglich auch schon zu
besserer Stimmung – nicht zuletzt, weil sie dort so vielen begegnen
können, die zufrieden mit Arbeit und Wohnumfeld sind. Vielleicht ist
denen dort ein anderes Goethe-Wort bewusster: „Der Mensch erfährt, er
sei auch wer er mag, ein letztes Glück und einen letzten Tag.“
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