Schwäbische Zeitung: Erdogan lacht nicht

Fast zwei Wochen hat es gedauert, bis die
Mitarbeiter des türkischen Präsidenten diesen auf eine zwei Wochen
alte deutsche Fernsehsendung aufmerksam gemacht haben. Darin wird in
einem hübschen Lied Recep Tayyip Erdogan für sein diktatorisches
Gebaren, seinen Krieg gegen die Kurden, sein Frauenbild und manch
anderes kritisiert. Anstatt nun aber zu schweigen und die für Erdogan
unvorteilhafte Darstellung in der Satiresendung „extra drei“ zu
ignorieren, fährt der „Boss vom Bosporus“, wie er in der Satire
genannt wird, heftiges diplomatisches Geschütz auf: Der deutsche
Botschafter in Ankara wurde einberufen, das Außenministerium drängt
auf eine Absetzung der Sendung.

Der europäisch-türkische Vertrag über die Rücknahme von
Flüchtlingen hat bereits zu einer Zunahme der Repression nach innen
in der Türkei geführt. Jetzt dokumentiert Ankara auch nach außen,
dass, wer mit ihnen Geschäfte macht, nach ihrer Pfeife zu tanzen
habe. Die unhöflichen Gesten in Richtung Berlin zeugen von einem
Verständnis von Meinungsfreiheit, wie es in weiten Teilen der
Europäischen Union nicht mehr anzutreffen ist. Und sie zeigen einmal
mehr, wie wenig dieses Land mit dieser Regierung in eine Europäische
Union gehört.

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