Schwäbische Zeitung: Erdogans düstere Spiele

Die Terroristen des Islamischen Staats (IS)
scheinen Barack Obama vor sich herzutreiben. Aus dem Nahen Osten
wollte er sich heraushalten, nein, er wolle keine Ziele in Syrien
bombardieren, hatte der US-Präsident noch vor wenigen Tagen erklärt.
Am Dienstagmorgen gingen dann doch Tohamawk-Marschflugkörper auf
Waffenlager des IS, ihre Kommandostützpunkte und Wohnanlagen in
syrischen Orten nieder.

Die IS, die westliche Bürger und Kurden enthauptet, die
jessidische Frauen versklavt und in weiten Teilen des Irak und in
Syrien Angst und Schrecken verbreitet, soll ausgeschaltet werden. Die
Deutschen liefern Waffen, die Amerikaner schicken Raketen. Im Kampf
gegen die Terrorgruppe bilden sich derzeit seltsame Allianzen, die
vor Monaten noch aus religiösen und politischen Erwägungen undenkbar
gewesen wären: Sunnitische Staaten wie die Vereinigten Arabischen
Emirate und der von Schiiten dominierte Irak tun sich zusammen, um
mit den Amerikanern und den Franzosen gegen den IS zu kämpfen, auch
Saudi-Arabien mischt mit.

Nur die Türkei hält sich heraus. Dabei wäre das Nato-Mitglied der
wichtigste Partner beim Versuch, den Extremisten das Handwerk zu
legen. Über den Flughafen Istanbul reisen jene westlichen
Dschihadisten nach Syrien ein, die dem IS helfen. Im Gegenzug für die
Freilassung türkischer Diplomaten aus der Geiselhaft der radikalen
Islamisten sollen die Familien hoher IS-Kommandeure weiter
unbehelligt in der Türkei leben können.

Dass Ankara sich nicht mehr einbringt, gehört zur Taktik des
mächtigen Türken Erdogan. Er sieht sich als den wichtigsten Spieler
in der Region. Den ihm verhassten syrischen Diktator Bashar al Assad
will er schwächen und die türkischen Geschäftsinteressen in Syrien
und im Irak schützen. Gleichzeitig kommen ihm die Angriffe des IS auf
die in der Türkei verhassten Kurden nicht unrecht. Doch der
Flächenbrand, den Erdogan nicht zu löschen hilft, könnte irgendwann
auch auf sein prosperierendes Land übergreifen.

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