Die Gemeinschaftsschule ist in der
Bildungslandschaft Baden-Württembergs angekommen. Unter den rund 300
Schulen sind Leuchttürme – etwa eine Heidelberger
Gemeinschaftsschule, die vergangenes Jahr mit dem Deutschen
Schulpreis ausgezeichnet worden ist. Repräsentativ ist dieses
leuchtende Beispiel aber nicht.
Geht es um die eigenen Kinder, ist ganz schnell Schluss mit
Ideologie, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Samstag
zum Festakt für die Gemeinschaftsschule. Was das heißt, lässt sich
mit Zahlen belegen. 65 Prozent der Schüler an Gemeinschaftsschulen
haben eine Empfehlung für die Haupt- und Werkrealschule, nur etwa
acht Prozent eine fürs Gymnasium. Das damals von Grün-Rot ausgegebene
Ziel einer „Schule für alle“ hat sich fünf Jahre nach der Einführung
der Schulart nicht bewahrheitet. Unter anderem deshalb, weil die
Gemeinschaftsschulen oft an Hauptschulen eingerichtet wurden, die
sonst hätten schließen müssen – gerade auf dem Land. Vielerorts seien
die Schule bis heute geprägt von ihrem Hauptschulmilieu, sagt der
Bildungswissenschaftler und Gemeinschaftsschul-Beobachter Thorsten
Bohl. Da ist es wenig attraktiv für Eltern, ihr Kind mit
Gymnasialempfehlung trotzdem anzumelden.
Eine Ganztagesschule, in der alle Kinder individuell lernen
können, auch mit Förderbedarf, war eine gute Idee. Sie funktioniert
aber nur, wenn alle mitmachen. Wenn die leistungsstärkeren Schüler
sich auch dadurch verbessern, dass sie den schwächeren das Gelernte
vermitteln – und damit für sich selbst wiederholen und festigen. Doch
von diesen Leistungsstärkeren gibt es viel zu wenige.
Es rächt sich also noch heute, dass die Politik vor fünf Jahren
nicht konsequent war. Wer eine Schule für alle zum Ziel hat, darf
keine Alternativen zulassen. Sonst streben die Eltern
leistungsstärkerer Schüler ganz natürlich Richtung Realschule oder
Gymnasium. Eine Gemeinschaftsschule ist nur dann sinnvoll und
wirksam, wenn sie die einzige zweite Säule in der Bildungslandschaft
neben dem Gymnasium bildet.
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