Schwäbische Zeitung: Es fehlt die Wertschätzung – Leitartikel zur Bundeswehr

Für die Chefpragmatikerin Angela Merkel öffnet
sich ein Zeitfenster. Solange die SPD-Basis nicht Ja zur Koalition
mit der Union sagt, gibt es keine offizielle Kabinettsliste. Die
Kanzlerin, die gerade strategisch eine neue CDU-Generalsekretärin
installiert hat, sollte darüber nachdenken, ob
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen wirklich die
Topbesetzung für das schwierige Ministerium bleibt.

Vor allem wegen eklatanter Ausrüstungsmängel sorgt die Bundeswehr
für Kopfschütteln, aber auch die mutmaßliche Schikane bei der
Ausbildung wie jüngst in Pfullendorf und andere Skandale werfen ein
schlechtes Licht auf die Ministerin. Seit 2013 ist sie im Amt, die
Reform-Stümpereien ihrer Vorgänger kann sie nicht mehr als Entlastung
vortragen. Die Bundeswehr ist ein Sanierungsfall. U-Boote und
Korvetten liegen wegen technischer Mängel an der Kette, Flugzeuge wie
Hubschrauber sind nicht einsatzbereit, Panzer können wegen fehlender
Ersatzteile nicht bewegt werden. Zelte fehlen und lange Unterhosen
sind offensichtlich im Winter eine Rarität.

Zugegeben: Die Verallgemeinerung von Mängeln kann ein falsches
Bild zeichnen. Aber schon jedes einzelne geschilderte Problem hat das
Zeug für einen handfesten Skandal, wenn zeitgleich davon gesprochen
wird, dass Deutschland in der Welt mehr Verantwortung übernehmen
solle. Die Probleme beim Material und der Organisation sollten bei
einem Etat von 37 Milliarden Euro und bei einer strammen Hierarchie
von oben nach unten zu lösen sein. Zeit will sich die militärische
Führung dafür bis 2030 nehmen. Ob so eine Planung ambitioniert
genannt werden darf, sei dahingestellt.

Schwieriger wird es bei den Menschen. Viele Soldaten beklagen sich
über fehlende Wertschätzung durch die Regierung und mangelnde
Anerkennung in der Bevölkerung. Ihr teils lebensgefährlicher Beruf
erfahre deshalb auch nicht in der politischen Debatte die
Aufmerksamkeit, die ihm gebühre. Hier besteht Handlungsbedarf und
zwar jetzt, nicht erst irgendwann im Laufe der kommenden zwölf Jahre.

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