Schwäbische Zeitung: Etwas Trost, mehr nicht – Kommentar

Rechtsextreme Verbrecher haben in diesem Land
über viele Jahre gewütet. Aber ein Land kann sich nicht kollektiv und
stellvertretend dafür schämen. Es kann auch nicht kollektiv und
stellvertretend um Entschuldigung bitten. Und man kann ebenso wenig
kollektive Trauer über die Untaten verordnen. Scham, Schuld, Trauer
sind persönliche Kategorien. Jedem Versuch, sie zum Anliegen der
ganzen Gesellschaft zu machen, mangelt es an Ernsthaftigkeit.

Den meisten Gedenkveranstaltungen haftet deshalb etwas rituell
Bemühtes, etwas Flüchtiges an. Es mag für die Angehörigen der Opfer
gestern ein wenig Trost für die wunden Seelen gewesen sein, was die
Kanzlerin ihnen gesagt hat, wie viele Menschen versucht haben, ihr
Mitgefühl auszudrücken. Falls es so war, dann hatte die Feier allein
deshalb auch ihre Berechtigung.

Mehr konnte und kann man nicht erwarten. Diese Verbrechensserie
bleibt singulär. Wer sich dazu versteigen sollte, darin ein
fanalhaftes Symbol für das vielfach noch immer problematische
Zusammenleben von Migranten und Einheimischen zu sehen, der liegt
völlig daneben. Es ist einfacher: Die Sicherheitsbehörden haben in
diesem Fall eine jämmerliche Rolle gespielt – weil auch sie sich das
Unvorstellbare nicht vorstellen konnten. Mit dem Zustand dieser
Gesellschaft hat das nichts zu tun.

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