Ganz schön einsam wird es zurzeit um die FDP.
Kanzlerin Merkel ist mit der Euro-Rettung beschäftigt,
Arbeitsministerin von der Leyen mit den Renten. SPD-Chef Gabriel will
nicht hinter der CDU zurückbleiben und stellt sich ebenfalls dem
Kampf gegen Altersarmut, und CDU-Ministerpräsidentin
Kramp-Karrenbauer bringt einen gesetzlichen Mindestlohn via Bundesrat
auf den Weg. Die großen Themen der Republik werden von den beiden
großen Parteien abgefrühstückt.
Die FDP, aber auch die Grünen, stehen momentan etwas abseits. Die
Grünen fühlen sich dabei ganz wohl, weil sie auf eine Ablösung der
Regierung durch Rot-Grün zumindest hoffen können. Der CDU geht es
auch nicht wirklich schlecht – weil sie davon ausgeht, dass Kanzlerin
Merkel in Krisenzeiten wiedergewählt wird. Aber die FDP steht aktuell
so miserabel da, dass sie auf kaum irgendetwas hoffen kann. Der eine,
der größere Teil der Partei, denkt in solchen Tagen gerne an Graf
Lambsdorff und die reine Lehre zurück und ist wild entschlossen,
allen sozialdemokratischen Bewegungen, ob sie nun von der SPD oder
der Union kommen, zu trotzen – von der Zuschussrente bis zum
Mindestlohn. Der andere Teil, das sind die Leute rund um die
Landespolitiker Christian Lindner und Wolfgang Kubicki, wollen die
FDP mit Herz wiederbeleben und machen bereits klar zur Wende –
schließlich könnte es sein, dass Rot-Grün die FDP braucht, um im
kommenden Jahr einen Regierungswechsel hinzubekommen.
Untergründig schwelt die Debatte um Parteichef Rösler. Gerade in
Krisenzeiten, wo erfahrene Politiker gefragt sind, hatte die FDP es
mit ihrer Boygroup Rösler, Bahr und Lindner versucht. Einziger
Hoffnungsträger ist Lindner geblieben, Rettungsanker der Partei aber
ist längst Rainer Brüderle. Das weiß auch Rösler, der den Verbleib
als Chef lediglich dem Umstand verdankt, dass die FDP nicht noch mehr
Unruhe vertragen kann. Rösler hat gestern Lambsdorffs
Wirtschafts-Papier als inneren Kompass der Partei gerühmt. Er
übersieht, dass es ein Kompass ist, dessen Nadel längst stehen
geblieben ist.
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