Schwäbische Zeitung: Gestalten statt verwalten – Leitartikel

Von dieser Großen Koalition, so sie denn
zustande kommt, wird Deutschland gut verwaltet werden. Das ist der
Eindruck, den die drei Parteichefs bei ihrem Auftritt hinterlassen.
Kein Zweifel, regieren können alle drei.

Der gemeinsam präsentierte Koalitionsvertrag trägt den
hochtrabenden Titel „Deutschlands Zukunft gestalten“ . Doch leider
sind die gestalterischen Elemente Mangelware. Stattdessen wird in
allen Feinheiten festgelegt, wie die Energiewende leicht gebremst
besser funktionieren soll, wie der Arbeitsmarkt neu reguliert wird,
vor allem aber, wie die Renten etwas steigen können.

Auffällig ist, dass sich die Großkoalitionäre erst einmal ihre
großen Wünsche erfüllt haben. Die Union die milliardenschwere
Mütterrente, die SPD die Rente mit 63 nach 45 Arbeitsjahren und die
Solidarrente bei niedrigen Bezügen. Das Schielen auf die Generation
50 plus ist ausgeprägt und es ist auch richtig, drohender Altersarmut
entgegenzuwirken. Doch diese Renten-Brocken werden langfristig die
Sozialbeiträge steigen lassen.

Wer irgendwo drauflegt, muss woanders Sparvorschläge machen. Die
aber fehlen. Im Gegenteil. 15 Milliarden mehr dürften es sein, hat
Finanzminister Schäuble anfangs gesagt. Jetzt werden es 23 Milliarden
mehr, ohne dass man weiß, wo sie genau herkommen. Und weil die
Ausgaben von heute immer die Steuern von morgen sind, wäre es
ehrlicher, man würde gleich die Steuern erhöhen.

Die gleiche Entschlossenheit wie bei den Renten findet sich dann
leider nicht bei Maßnahmen für junge Leute. Hier trifft man eher auf
ein Sammelsurium aus mehr Kita-Ausbau, aus Hilfen für Schulen und
Hochschulen. Deutlichere, nach vorne gerichtete Akzente für die
Jüngeren, etwas mehr Fantasie für die Zukunft hätten dem Programm den
Glanz verleihen können, der ihm jetzt fehlt. Im Prinzip trägt dieser
Koalitionsvertrag ziemlich genau den Wünschen der deutschen Wähler
Rechnung, die sich nach einer Art sozialdemokratischer Politik unter
Führung von Angela Merkel sehnten.

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