Der eine schreibt über medialen „Tugendterror“,
der andere spricht von grün-rotem „Gesinnungsterrorismus“. Es gibt
viele Parallelen in den Argumentationen von Bestsellerautor Thilo
Sarrazin und Baden-Württembergs CDU-Fraktionschef Peter Hauk. Der
eine wittert eine linksdominierte mediale Meinungsmonokultur, der
andere diagnostiziert eine Angst Andersdenkender, ihre Meinung im
grün-rot regierten Bundesland noch offen zu sagen. Verwunderlich nur,
dass beide angesichts des angeblichen Totschweigens reichlich zu Wort
kommen.
Zwar hat Hauk eigenen Worten zufolge das neue Sarrazin-Buch noch
gar nicht gelesen und dürfte auch leicht erschrocken sein über die
heftigen Reaktionen. Auch in der Fraktion schütteln einige den Kopf
über den aus rechtspopulistischer Rhetorik entlehnten
„Gesinnungsterrorismus“. Sie fürchten, dass sich die Union an Hauks
Spiel mit dem Feuer die Finger verbrennt.
Doch das sind längst nicht alle: In der Partei wird auch
registriert, dass die CDU plötzlich wahrgenommen wird mit dem neuen
Hauk, der von Migranten mehr Integrationsanstrengungen einfordert und
Verständnis für den Schweizer Volksentscheid für Zuwanderungsquoten
äußert. Die Zeiten für eine Generalabrechnung mit grünen Bevormundern
sind günstig – der Veggie-Day ist unvergessen und die Landesregierung
bekommt den Streit um den Bildungsplan nicht in den Griff.
Die neue Holzhammerrhetorik à la Horst Seehofer oder Roland Koch
ist trotzdem vor allem aus der Not geborene kurzfristige Taktik,
keine Strategie. Peter Hauk muss eilig punkten, um im April als
Fraktionschef bestätigt zu werden. Der Posten ist Sprungbrett zur
Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2016, die beste Chancen aufs
Ministerpräsidentenamt eröffnet. Zeigt Hauk wie bisher weiter
Schwäche, lädt er seinen Konkurrenten Guido Wolf zur Gegenkandidatur
regelrecht ein. Es ist vor allem der Mut der Verzweiflung, der den
sonst eher als liberal geltenden Fraktionschef so tief in die
Populismuskiste greifen lässt.
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