Schwäbische Zeitung: Justizmord auf Raten – Kommentar

Pflichtgemäß hat Saudi-Arabien vergangene Woche
die Mordanschläge von Paris verurteilt. Zwei Tage später wurde der 31
Jahre alte Raif Badawi aus seiner Gefängniszelle geholt, und vor
einer Moschee in Dschidda öffentlich ausgepeitscht. Den Islam soll
der Internet-Aktivist beleidigt und säkulare Ideen verbreitet haben.
Gesamtstrafe: 1000 Peitschenhiebe, verteilt auf 20 Auspeitschungen,
zehn Jahre Haft und umgerechnet rund 200000 Euro Geldstrafe. Im
Klartext heißt das, der Mann wird langsam zu Tode gefoltert, weil er
es gewagt hat, seine Meinung frei zu sagen. Es ist ein Justizmord auf
Raten, auch wenn der jetzt mal ein wenig aufgeschoben wurde.

Das saudische Königshaus gilt als strategischer Verbündeter des
Westens – nicht zuletzt im Kampf gegen den Terror. Die Saudis
erhalten Waffen aus den USA, auch aus Deutschland. Sie sind umgekehrt
ein wichtiger Erdöllieferant. Aber wenn man den Terrorbegriff etwas
weiter fasst, dann ist das streng islamische, wahhabitische System in
Riad nicht weit vom Staatsterrorismus entfernt. Terror heißt wörtlich
übersetzt Schrecken, und zumindest die Strafpraxis Saudi-Arabiens ist
– gemessen an Menschenrechtsstandards – schrecklich. Auch sie prägt
das westliche Bild vom Islam. Es zählt nicht zur Meinungsfreiheit,
sondern zur Pflicht, dass die zivilisierten Verbündeten laut und
deutlich ihre Meinung sagen.

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