Juristendeutsch kann klar und
allgemeinverständlich sein. Auch beim Neubau eines Flughafens hilft
ein Blick in Fachbücher. „Aufgabe des Aufsichtsrats ist es, die
Geschäftsführung zu überwachen. Hierzu kann der Aufsichtsrat (oder
einzelne Mitglieder) vom Vorstand jederzeit einen Bericht über die
Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen. Der Aufsichtsrat kann die
Bücher der Gesellschaft prüfen oder prüfen lassen.“ Wer also
Verantwortung in einem solchen Gremium übernimmt, sollte sich dieser
auch wirklich bewusst sein.
Zweifel kommen auf, ob der Aufsichtsratschef der Flughafen Berlin
Brandenburg GmbH, Klaus Wowereit, oder Matthias Platzeck als dessen
Vize tatsächlich wussten, warum sie in diesem Gremium Platz genommen
haben. Planungsfehler, Zusatzkosten in Milliardenhöhe, immer neue
Verzögerungen, aber auch Berichte über mögliche Schwarzarbeiter oder
die Tatsache, dass ein islamistischer Extremist als Wachmann auf der
Baustelle gearbeitet hat, werden von beiden Sozialdemokraten mit
einer Nonchalance weggelächelt, die kaum zu ertragen ist.
Brandenburgs Ministerpräsident Platzeck informierte gestern in
einer Art und Weise über einen weiteren Rückstand des
Prestigevorhabens, als sei er ein völlig Unbeteiligter. Für Berlins
Regierenden Bürgermeister gilt dies seit Langem. Trotz des Desasters
werden Rücktrittsforderungen nur aus der FDP und von den Grünen laut.
Warum? Mit dem Berliner Senator Frank Henkel und dem Staatssekretär
aus dem Bundesverkehrsministerium, Rainer Bomba, sitzen
Unions-Granden mit am Aufsichtsrats-Tisch. Wäre es nicht so teuer,
man würde über diese Provinz-Posse herrlich lachen.
Über das internationale Ansehen Deutschlands möchten wir nicht
spekulieren. Aber dennoch sei ein Gedankenspiel gestattet: Was wäre
los, wenn der Hauptstadtflughafen nicht in Schönefeld, sondern unweit
von Athen läge? Constantinos Wowereitis hätte politisch schön längst
keine Chance mehr und ein CSU-Generalsekretär würde einmal mehr um
eine brachiale Wortwahl ringen.
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