Der Leidensdruck muss hoch sein: Die Schweizer
Nationalbank setzt ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel, um sich
hopplahopp der Bindung an den Euro zu entledigen. Der
Überraschungscoup ist geglückt – und treibt so manchem Schweizer den
Angstschweiß auf die Stirn. Zu Recht. Denn dieser Schritt ist
tatsächlich gewagt, seine langfristigen Folgen sind kaum absehbar.
Auf der Hand liegt, dass vor allem die exportorientierten Branchen
wie der Maschinenbau in der Schweiz darunter leiden werden. 60
Prozent ihrer ausgeführten Waren sind für die Eurozone bestimmt. Ein
allzu starker Franken drückt nicht nur kurzfristig auf die
Gewinnmargen, auf Dauer gefährdet er Zehntausende Arbeitsplätze in
der Schweiz. Auch der Tourismusbranche hat die Nationalbank keinen
Gefallen getan. Bislang litten Hotelbesitzer und Gastronomen unter
dem Wegbleiben der zwar unbeliebten, aber zahlungskräftigen
Kundschaft aus Russland. Wenn nun auch noch die Gäste aus den
Euroländern fernbleiben, könnten vielerorts die Lichter ausgehen. Die
Schweizer Nationalbank hat an diesem Tag viel Geld vernichtet. Aber
das scheint ihr das kleinere Übel zu sein, als am Mindestkurs des
Franken zum Euro festzuhalten.
Die Geschäfte in den grenznahen Regionen zur Schweiz mögen jubeln.
Sie können mit noch mehr kaufkräftiger Kundschaft rechnen. Auch den
vielen Grenzgängern, die hierzulande vergleichsweise günstig leben
und in der Schweiz vergleichsweise gut verdienen, spielt die
Nationalbank in die Hände. Doch der Kreis der Profiteure ist
überschaubar – allen anderen dürfte auch diesseits der Grenze der
Angstschweiß auf die Stirn treten.
Denn der Alleingang der Nationalbank heißt nichts anderes, als
dass sie das Vertrauen in den Euro und die Europäische Zentralbank
verloren hat. Sie hat kapituliert im Kampf um einen künstlich
niedrigen Franken, den sie bislang mit milliardenschweren
Euro-Ankäufen geführt hat. Offensichtlich konnte und wollte sie das
Risiko, vom Abwärtsstrudel des Euro mitgerissen zu werden, nicht
länger tragen. Die Eurozone muss sich diesem Risiko stellen.
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