Da feiert die katholische Kirche ein Fest, das
in der säkularen Welt eigentlich für spöttisches Lächeln oder gar
Häme sorgen müsste. Dieser olle Heiligenkult – mit Reliquien, mit
einem pompösen Ritual aus vergangenen Zeiten. Und zur Ehre der Altäre
werden zwei Kirchenmänner erhoben, von denen der eine außerhalb des
katholischen Raums fast vergessen ist, und der andere manchem
Kritiker als erzkonservativer Papst in Erinnerung bleibt. Aber dann
passiert Merkwürdiges. Die halbe Staatenwelt reist mit Delegationen
nach Rom, Christen anderer Konfessionen reisen nach Rom, Juden und
Muslime reisen nach Rom, Hunderttausende Pilger reisen nach Rom,
Millionen verfolgen in aller Welt die Heiligsprechung der Päpste
Johannes XXIII. und Johannes Pauls II. Das keiner übermäßigen
Frömmelei verdächtige Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet in
seiner Online-Version im Liveticker. Alles sehr eigenartig.
Vielleicht auch nicht. Kein Marketing-Genie wäre in der Lage, ein
Ereignis von solcher Strahlkraft zu organisieren. Die katholische
Kirche versteht ihre großen Feste, ihre ur-alten Rituale zu feiern.
Und der Nachfolger Petri bekleidet ein Amt, an dem alle Kritik – ob
berechtigt oder oberflächlich billig – immer dann abprallt, wenn die
Einzigartigkeit dieses Amtes aufleuchtet. Warum ist das so? Weil die
Menschen spüren, dass sich da über zwei Jahrtausende hinweg etwas
geheimnisvoll Zeitloses bewahrt hat.
Einzigartig war auch dieser Sonntag der vier Päpste – erstmals mit
einem emeritierten Benedikt XVI. Er hat einen Markenkern der Kirche,
das Weite, Umfassende des Katholischen symbolisiert. In Deutschland
war es viele Jahre Gepflogenheit, dem „modernen“ Johannes XXIII. den
„reaktionären“ Johannes Paul II. gegenüberzustellen. Dass Papst
Franziskus beide am selben Tag zu Heiligen der Kirche erhoben hat,
zeigt auch, was er von diesem Graben hält: gar nichts. Die deutschen
Bischöfe haben übrigens in Rom weitgehend durch Abwesenheit geglänzt.
Dabei hätten sie viel Gutes lernen können.
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