Schwäbische Zeitung: Kommentar: Die Zinsillusion

Landauf, landab schießen die Baugenehmigungen
durch die Decke. Der Grund dafür ist schnell gefunden: die niedrigen
Zinsen. Immobiliendarlehen mit zehnjähriger Bindung bekommen
Bauherren zurzeit für Zinsen ab 1,3 Prozent jährlich. Vor fünf Jahren
mussten dafür noch über vier Prozent berappt werden. Bei einem Kredit
über 500.000 Euro bedeutet das eine anfängliche Zinsersparnis von
rund 15.000 Euro per annum.

Eine solche Rechnung machen zurzeit viele Bauherren auf. Was dabei
oft übersehen wird: Die Immobilienpreise sind den günstigeren
Finanzierungskosten davongelaufen. Exzesse, wie sie in München zu
beobachten sind, findet man im ländlichen Raum zwar noch nicht. Doch
auch hier im Südwesten haben die Immobilienpreise in den vergangenen
Jahren mit durchschnittlich fünf Prozent im Jahr zugelegt – und die
Preisspirale dürfte sich weiterdrehen.

Wie das für die Kreditnehmer ausgeht, wird sich erst in etlichen
Jahren zeigen. Dann, wenn die Zinsbindung abgelaufen ist und eine
Anschlussfinanzierung vielleicht nicht mehr 1,3 sondern vier Prozent
oder mehr kostet. Die niedrigen Zinsen als alleiniges Argument für
den Kauf oder den Bau einer Immobilie heranzuziehen ist daher
gefährlich.

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